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Katar und seine Opfer (2)Flucht aus dem goldenen Käfig

Die katarische Feministin Aisha Al-Qahtani wurde Opfer von häuslicher Gewalt. Nach ihrer Flucht ruft sie die Frauen in Katar zur Revolution auf.

Illustration: taz

Während eines Familienurlaubs im Dezember 2019 in Kuwait gelang es Aisha Al-Qahtani zu entkommen; sie schlich sich nachts zum Flughafen. „Wenn ich ein Mädchen mit blonden Haaren und blauen Augen gewesen wäre, hätte meine Familie einfach gesagt: Bon Voyage.“ Bis dahin war die katarische Feministin unfrei gewesen. Aus Katar selbst hätte die junge Frau nicht flüchten können, weil der Golfstaat es Frauen unter 25 Jahren nicht gestattet, ohne die Erlaubnis eines männlichen Vormunds zu reisen.

Bis zu ihrer Flucht, sagt Al-Qahtani, habe sie Unterdrückung und Missbrauch erlebt. Aisha Al-Qahtani wuchs mit Wohlstandsprivilegien in Doha auf. Nach eigenen Angaben stammt sie aus einer Familie hochrangiger Militärs, ihr Bruder sei Botschafter. Sie studierte englische Literatur und Philosophie, doch das Leben in Doha war eines im goldenen Käfig; ihre Familie habe sie geschlagen und engmaschig überwacht. Jahrelang plante sie ihre Flucht.

Aisha Al-Qahtani beschuldigt den katarischen Staat, er lasse Männer mit „diesem irren, barbarischen Verhalten“ davonkommen. „Es gibt kein wirkungsvolles Gesetz, das Gewalt gegen Frauen kriminalisiert.“ Beschwerden von Frauen würden ignoriert oder abgewiegelt mit den Worten, man mische sich nicht in innerfamiliäre Angelegenheiten ein. Und den Frauenschutzzentren gehe es eher um die Ehre der Frau als um ihren Schutz. Aisha Al-Qahtani, die mittlerweile in Großbritannien lebt, fordert nun Gesetze gegen häusliche Gewalt, volle Bewegungsfreiheit für Frauen und das Recht auf Landbesitz.

Doch ihr Kampf ist viel grundsätzlicher. In Interviews ruft Al-Qahtani Frauen zur Revolution in Katar auf. „Wir wollen einen bürgerlichen, modernen Staat statt einer absoluten Monarchie. Das ist der einzige Weg, Prinzipien wie Gerechtigkeit, Gleichheit und politische Teilhabe für Männer und Frauen zu erreichen.“ Der Staat müsse den Bür­ge­r:in­nen gehören – und den Frauen wolle sie eine Stimme geben.

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