Kassen wollen Zahnarztrechnungen prüfen: Ein Stundenlohn von 19,33 Euro
Zieht man nur den Stundenlohn in Betracht, sind Zahnmediziner am besten dran. Doch zuvor müssen sie lange Ausbildungszeiten und teure Einrichtungskosten bezahlen.
BERLIN taz | Wer Zahnmedizin studiert, bekommt später die höchsten Stundenlöhne in Deutschland: Männer dürfen mit 19,33 Euro netto rechnen, Frauen mit 15,50. Das ist das Ergebnis einer Studie, die das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung im März veröffentlicht hat – Titel „Uni, Fachhochschule oder Ausbildung – welche Fächer bringen die höchsten Löhne?“.
Zum Vergleich: ein Jurist bekommt nach der Studie 15,86 Euro, ein Krankenpfleger 8,36 Euro. Daniela Glocker und Johanna Storck haben die Gehaltsangaben von 190.100 Personen aus dem Mikrozensus 2005 bis 2008 verglichen, die Befragten hatten ihr Nettoeinkommen und ihre Berufsausbildung angegeben. Stimmt also das Bild vom reichen Zahnarzt, während er über Bürokratie und staatliche Regulierung klagt? Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer, will davon nichts wissen.
„Das war einmal, in den 70er und 80er Jahren vielleicht“, sagt der Professor für Zahnmedizin. Damals seien „Mundgesundheit und Prophylaxe noch kein großes Thema gewesen, die Patienten sind zu großen Reparaturen gekommen, die die Kassen voll bezahlt haben.“ Im Laufe der Zeit hätten sich die Verdienstmöglichkeiten aber verschlechtert. Viele kleine Praxen, etwa in ärmeren Vierteln in Berlin, kämen nicht mehr über die Runden.
Dort könnten sich manche Patienten Behandlungen nicht leisten, die wie die professionelle Zahnreinigung oder das Aufsetzen einer Keramikkrone eine Zuzahlung erforderten. Zudem sei der Wettbewerb groß und die Investitionskosten wüchsen enorm. Wer Zahnarzt wird, hat in der Regel fünf Jahre studiert, eine zweijährige Assistenzzeit gemacht, dann eventuell noch eine vierjährige Fachzahnarztausbildung etwa als Kieferorthopäde hinter sich gebracht. Oesterreich hat in Mecklenburg-Vorpommern selbst eine Praxis.
Er rechnet vor: Wer nach der langen Ausbildung eine Praxis gründen wollte, musste im Jahr 2009 zum Beispiel 415.000 Euro aufbringen, wer eine übernommen hat, 300.000 – „das müssen Sie erst mal wieder verdienen“, sagt der Zahnarzt. Das spiegelt die Studie zu den Stundenlöhnen tatsächlich nicht wider. Dennoch scheint der Beruf Zahnarzt nach wie vor attraktiv zu sein, die Studentenzahlen sind seit Jahren stabil. 2011 haben gut 2.250 Studenten in Deutschland ein Zahnmedizinstudium begonnen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Machtkämpfe in Seoul
Südkoreas Präsident ruft Kriegsrecht aus
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader