Kaschmir-Konflikt: Neue Feuergefechte zwischen Indien und Pakistan
Im Konflikt zwischen den beiden Atommächten ist keine Entspannung in Sicht. International wächst die Sorge vor einer weiteren Eskalation der Spannungen.

Zugleich seien die Angriffe erwidert worden. Pakistan wurden mehrfache Verstöße des Waffenstillstands vorgeworfen. Islamabad äußerte sich zunächst nicht dazu.
Durch Artilleriebeschuss seien mindestens eine Frau ums Leben gekommen sowie vier weitere Zivilisten im indisch verwalteten Teil der Himalaya-Region Kaschmir verletzt worden, berichtete die Zeitung „The Indian Express“ unter Berufung auf Behördenvertreter. Die Zahl der zivilen Todesopfer in Indien stieg damit seit Mittwoch auf 17.
Pakistan weist Vorwürfe zurück
Nach Angaben Indiens hatte es schon am Donnerstagabend Luftangriffe des Nachbarlandes mit Drohnen und Raketen auf Gebiete des Unionsterritoriums Jammu und Kaschmir sowie im Bundesstaat Punjab nahe der Grenze gegeben. Die Bedrohungen wurden demnach neutralisiert, es habe auch keine Verletzten gegeben. Pakistan wies die Vorwürfe Indiens entschieden zurück. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.
Das indische Verteidigungsministerium hatte am späten Donnerstagabend (Ortszeit) von pakistanischen Raketen- und Drohnenangriffen auf den indisch kontrollierten Teil Kaschmirs und eine grenznahe Militärstation im indischen Bundesstaat Punjab gesprochen. Die Bedrohungen wurden demnach neutralisiert, es habe auch keine Verletzten gegeben.
Pakistan trat dem entgegen: Das Außenministerium erklärte, man weise entsprechende, von indischen Medien verbreitete haltlose und unverantwortliche Behauptungen kategorisch zurück. Auch Pakistans Informationsminister Ataullah Tarar sagte, Pakistan habe bisher keine Ziele im indischen Teil von Kaschmir oder jenseits der internationalen Grenze angegriffen. Indien und Pakistan verwalten jeweils einen Teil Kaschmirs, sie beanspruchen aber das ganze Gebiet für sich. (dpa)
Medienberichte: Laute Explosionen
Indische Medien berichteten, in Jammu und Kaschmir hätten laute Explosionen am Donnerstagabend Panik in der Bevölkerung ausgelöst. Es habe Luftschutzalarm gegeben. Die Zeitung „India Today“ meldete, eine Drohne habe den Flughafen der Stadt Jammu getroffen, wo sich eine Einrichtung der Luftstreitkräfte befinde. Indien habe seine Flugabwehr aktiviert.
„Verdacht auf Bombardierung, Granatenbeschuss oder Raketenschläge“, schrieb der frühere Polizeichef des Unionsterritoriums, Shesh Paul Vaid, auf der Plattform X. Im Grenzgebiet des Territoriums gab es laut dem Sender NDTV einen vollständigen Stromausfall. Die indische Flugabwehr habe mindestens acht feindliche Raketen abgefangen. (dpa)
Indiens Regierung weist Onlinedienst X zu Sperrung von mehr als 8000 Konten an
Indien hat den Onlinedienst X nach dessen Angaben angewiesen, mehr als 8000 Nutzerkonten zu sperren. Das Unternehmen von US-Tech-Milliardär Elon Musk sei mit den Forderungen nicht einverstanden, habe aber den Prozess eingeleitet, um die angegebenen Konten in Indien zu blockieren, erklärte die zuständige Abteilung bei X am Donnerstag. Die Forderung Neu-Delhis zielt demnach auch auf internationale Nachrichtenorganisationen und andere prominente Nutzer. Bei Nicht-Befolgung drohten den lokalen Mitarbeitern erhebliche Geld- und Gefängnisstrafen, hieß es in der Erklärung.
„Die Sperrung ganzer Konten ist nicht nur unnötig, sondern kommt einer Zensur bestehender und zukünftiger Inhalte gleich und verstößt gegen das Grundrecht der freien Meinungsäußerung“, hieß es weiter. Dies sei keine leichte Entscheidung. Es sei aber wichtig, die für den Informationszugang wichtige Plattform in Indien offen zu halten. (afp)
Indien greift Flugabwehrsystem Pakistans an
In der Nacht auf Donnerstag hatte Indien eigenen Angaben nach Flugabwehrsysteme an mehreren Orten in Pakistan angegriffen. Eines der Systeme in der Millionenstadt Lahore sei zerstört worden. Mit dem Beschuss habe das Militär auf den Versuch Pakistans reagiert, militärische Ziele im Norden und Westen Indiens, darunter in 15 Städten, mit Drohnen und Raketen zu treffen. Dies habe aber vereitelt werden können. Pakistan erklärte seinerseits, es habe seit der vergangenen Nacht 25 indische Drohnen abgeschossen.
International wächst die Sorge vor einer weiteren Verschärfung der Krise auf dem indischen Subkontinent. Deutschland und die anderen 26 EU-Staaten riefen die rivalisierenden Atommächte Pakistan und Indien zu einer sofortigen Deeskalation auf.
Tote auf beiden Seiten
Durch indische Angriffe kamen auf pakistanischer Seite nach Angaben des Militärs mehr als 30 Menschen ums Leben, 57 wurden demnach verletzt. Zudem seien durch den Abschuss der indischen Drohnen in der Nacht auf Donnerstag durch die herabstürzenden Trümmerteile eine Person getötet und fünf verletzt worden, darunter vier Soldaten.
Die indische Regierung erklärte, dass 16 Zivilisten durch pakistanischen Artilleriebeschuss an der Grenze ums Leben gekommen seien, darunter fünf Kinder. Nach Angaben der Armee wurde zudem ein Soldat getötet.
Iran will vermitteln
Irans Außenminister Abbas Araghtschi setzte nach einem Besuch in Pakistan Vermittlungsgespräche in Neu-Delhi fort: Er traf seinen indischen Kollegen Subrahmanyam Jaishankar, wie iranische Staatsmedien berichteten. Der Besuch sei länger geplant gewesen, sagte Araghtschi bei seiner Ankunft. Daher stünden auch wirtschaftliche Themen auf der Agenda. Beide Länder unterzeichneten laut der staatlichen Nachrichtenagentur Irna drei Absichtserklärungen. „Unsere Region braucht Ruhe“, fügte er hinzu. Deshalb wolle der Iran auch vermitteln.
Als Auslöser der jüngsten Eskalation zwischen den beiden Atommächten gilt ein Terroranschlag im April in Jammu und Kaschmir, bei dem 26 Menschen – überwiegend indische Touristen – getötet wurden. Neu-Delhi wirft Islamabad eine Beteiligung vor. Pakistan bestreitet das und forderte eine unabhängige Untersuchung. Seit dem Anschlag haben Gefechte und Spannungen wieder zugenommen. Als militärische Reaktion auf den Anschlag flog die indische Armee in der Nacht auf Mittwoch Angriffe auf mehrere pakistanische Ziele. Dabei wurden nach Angaben Indiens „Terroristencamps“ zerstört.
Die Ursprünge des Konflikts reichen bis in die Kolonialzeit zurück. 1947 entließen die Briten den indischen Subkontinent in die Unabhängigkeit und teilten diesen auf. Aus der Teilung entstand neben dem überwiegend hinduistischen Indien der neue Staat Pakistan für Muslime. Die gewaltvoll verlaufene Teilung nährt bis heute eine erbitterte Rivalität. Seit ihrer Unabhängigkeit führten beide Länder drei Kriege gegeneinander, zwei davon um Kaschmir. (dpa)
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