piwik no script img

Kartellverfahren gegen Facebook und CoSchneller und früher eingreifen

Kommentar von Svenja Bergt

Das Kartellamt muss problematische Marktmacht verhindern, bevor sie Schaden anrichtet. Und zwar gerade im Digitalbereich.

Vor sechs Jahren hat Facebook Whatsapp übernommen – mit Instagram kam eine weitere Plattform dazu Foto: Debarchan Chatterjee/imago

S echs Jahre ist es her, dass Facebook Whatsapp übernommen hat – und beteuerte, die Nutzerdaten der beiden Dienste würden nicht verknüpft. Was seitdem passiert ist: Facebook hat die Daten trotzdem zusammengeführt. Es hat mit Instagram eine weitere zentrale Plattform übernommen. Es hat eine Millionenstrafe von der EU bekommen und gegen eine Entscheidung des Bundeskartellamtes Beschwerde eingelegt, die Facebook die Zusammenführung von Nutzerdaten aus verschiedenen Quellen untersagt. Ein finales Urteil könnte es im kommenden Jahr geben. Derweil kann Facebook mit den verknüpften und damit wertvolleren Datensätzen weiter Geld verdienen.

Schon klar: Kartellverfahren brauchen lange. Und auch globale Konzerne mit marktmissbrauchenden Geschäftspraktiken zulasten von Nutzer:innen müssen das Recht haben, sich das noch mal explizit von einem Gericht sagen zu lassen. Doch so, wie es aktuell läuft, bleibt bei den Unternehmen hängen: Verstöße lohnen sich. Denn sie werden nur mit großer Zeitverzögerung geahndet.

Eine Pflicht, die Nutzer:innen zu entschädigen, gibt es nicht, stattdessen ein Bußgeld, das in seiner Millionenhöhe zwar gut klingt, aber dem Unternehmen nicht ernsthaft wehtut. Und selbst falls Facebook eines Tages die Nutzerdaten tatsächlich wieder entflechten muss: In der Zeit, die das Kartellverfahren und die darauf folgenden gerichtlichen Prozesse andauern, kann das Unternehmen seine Marktmacht weiter zementieren.

Das Problem ist: Momentan werden die Wettbewerbshüter:innen zu oft erst dann tätig, wenn der Schaden schon passiert ist. Wenn die Daten verknüpft sind, Konkurrenten ausgeschaltet, der Markt aufgerollt ist. Wenn Nutzer:innen oder Geschäftspartner:innen kaum noch eine Wahl haben. Deshalb wäre es wichtig, Entwicklungen viel früher zu erkennen und bereits eine absehbar problematische Marktmacht zu verhindern. Und zwar gerade im Digitalbereich. Denn wo Daten der Kern des Geschäftsmodells sind, ist es fast unmöglich, eine erreichte Marktkonzentration wieder zu beseitigen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.
Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!