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Karstadt macht Konzept-Läden dicht„Must-Have der Saison“

Der Karstadt-Konzern schließt seine zwei „K-Town Concept Stores“ und vier weitere Läden. Mehr als 2.000 Arbeitsplätze sind bedroht.

Mit der Schließung der K-Towns liefert das Unternehmen wieder einen Beleg für sein chaotisches Management. Bild: dpa

BERLIN taz | Sie sollten total trendy sein. „Cooler kann man nicht shoppen“, schwärmt der Karstadt-Konzern von seinen neuen „K-Town Concept Stores“ in Göttingen und Köln. Es handele sich um ein „großartiges Gesamtkonzept“ für „einen ganz neuen modernen Kunden mit einem sehr jungen Lebensstil“, der hier „sein persönliches It-Piece“ fände. Die Shops würden nicht nur „die aktuellen Must-Haves der Saison“ präsentieren, sondern „ein einzigartiges und stylishes Einkaufserlebnis“ garantierten. Jetzt hat es sich ausgeschwurbelt. Auf die blumige Konzernlyrik folgt die bittere Realität: Am Donnerstagabend verkündete Karstadt das Ende der beiden Läden.

Mit der angekündigten Schließung der K-Towns liefert das schwer angeschlagene Essener Traditionsunternehmen einmal mehr einen anschaulichen Beleg für sein chaotisches Management. Denn die Filiale in Göttingen war erst vor drei Jahren eröffnet worden, ein Jahr später folgte der Kölner Shop – mit der Begründung, dass das Göttinger Pilotprojekt so erfolgreich wäre, dass es an der Zeit sei, „die Expansion von K-Town zu starten“. Nun werden sie am 30. Juni 2015 dichtgemacht. „Nach eingehender Prüfung und intensiver Analyse der Ergebnissituation und Wettbewerbsperspektive“, wie der Konzern mitteilte.

Zeitgleich kommt das Ende für die Karstadt-Häuser in Hamburg-Billstedt und Stuttgart, zwei Monate später folgt das in Paderborn. Bereits Ende April wird das „Schnäppchencenter“ in Frankfurt/Oder das Zeitliche segnen. Die Begründung: Sie steckten allesamt tief in den roten Zahlen. Insgesamt sind 350 MitarbeiterInnen betroffen.

Doch das dürfte noch lange nicht das Ende der Fahnenstange sein. Der neue Karstadt-Chef, Stephan Fanderl, plant den Abbau von 2.000 weiteren Arbeitsplätzen. Derzeit beschäftigt der Konzern noch knapp 17.000 Menschen. Weitere zehn Warenhäuser stehen auf der Kippe. „Ohne zum Teil sehr schmerzliche Entscheidungen, wie auch Filialschließungen, wird es nicht gehen, um das Überleben des Gesamtunternehmens zu sichern“, sagte der am Donnerstag vom Aufsichtsrat inthronisierte Fanderl. Dazu gehören auch Einsparungen beim Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie eine Verlängerung der „Tarifpause“ über 2015 hinaus.

Symbolischer Preis

Mit dem „Fokus“ genannten Sanierungskonzept setzt der 51-jährige Topmanager die Vorgaben René Benkos um. Der umstrittene österreichische Investor hatte Karstadt Mitte August für den symbolischen Preis von einem Euro von dem deutsch-amerikanischen Milliardär Nicolas Berggruen übernommen. Benkos Immobilienfirma Signa gehörten zuvor bereits die Karstadt-Sporthäuser sowie Luxustempel wie das KaDeWe in Berlin oder das Oberpollinger in München.

Im Immobilienportfolio befindet sich auch das jetzt zur Schließung vorgesehene Haus in Stuttgart. Das lässt die Gewerkschaft aufhorchen. „Die Schließung hat offensichtlich überhaupt nichts mit der Sanierung von Karstadt zu tun“, empört sich der baden-württembergische Ver.di-Landesfachbereichsleiter Bernhard Franke. Der Standort gehöre zu den besten, die Karstadt habe. „Wahrscheinlich wäre das Haus längst in schwarzen Zahlen, wenn der Ertrag nicht durch übermäßig hohe Mieten abgesägt würde.“ Die Rede ist von fünfzehn Prozent des Umsatzes. „Hier saniert sich der Immobilienbesitzer Benko auf dem Rücken der Belegschaft.“

Der Verdacht scheint nicht unbegründet: Auf der Firmenhomepage preist Benkos Signa selbst den Standort in höchsten Tönen. Er befinde sich „in 1A-Lage“ und biete „Potential für Filialisten, welche nach innerstädtischen Flächen suchen, die aufgrund des Flächenmangels in den letzten Jahren nicht bedient werden konnten“.

Ohnehin kommen die Karstadtpläne bei Ver.di nicht gut an. „Erneut werden die Beschäftigten für die Managementfehler der letzten Jahre bestraft“, kritisiert Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger. Statt genaue Ursachenforschung zu betreiben, würde „wie in der Vergangenheit als erster Reflex eine Kostenreduzierung ausschließlich auf ihrem Rücken durchgeführt“.

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