Karneval der Kulturen in Berlin: Karneval verliert den Kopf
Vier Monate vor dem Umzug ist unklar, wer das Spektakel in diesem Jahr organisiert. Teilnehmende Gruppen fordern Räume und Geld.
Der Karneval der Kulturen steht auf der Kippe. Der Grund sind Auseinandersetzungen um die Organisation der Großveranstaltung. So wird in diesem Jahr nicht mehr wie bisher die Werkstatt der Kulturen den Karneval koordinieren. Die Integrationsbeauftragte des Senats, Monika Lüke, habe die Werkstatt von dieser Aufgabe „befreit“, bestätigte der Sprecher der Integrationsverwaltung, Markus Kringel, am Montag der taz. Zahlreiche Umzugsteilnehmer haben zudem von den bisherigen Rahmenbedingungen des Karnevals die Nase voll – und drohen mit ihrem Ausstieg.
Seit 19 Jahren wird an Pfingsten der Karneval der Kulturen gefeiert. Höhepunkt ist der Umzug der zuletzt 80 Gruppen vom Hermannplatz bis zur Yorckstraße am Pfingstsonntag. Hunderttausende Berliner und Touristen kommen dann nach Kreuzberg, um sich das Spektakel anzusehen. Berlin schmückt sich gern mit diesem Großereignis – und kann sich außerdem über rund 4 Millionen Euro öffentliche Einnahmen freuen, hat die Investitionsbank Berlin ausgerechnet.
Senat verlangt Sicherheitskonzept
Angesichts der Massen, die beim Karneval auf der Straße unterwegs sind, habe der Senat von der Werkstatt der Kulturen schon länger ein „tragfähiges Sicherheitskonzept“ verlangt, berichtete Kringel. „Wir wollen uns im Nachhinein nicht vorwerfen lassen, nicht alles für die Sicherheit der Zuschauer und der Gruppen getan zu haben.“ Offenbar konnte man sich nicht auf ein Konzept verständigen. Als sich im Karnevalsbüro zudem personelle Wechsel abzeichneten, entzog Lüke der Werkstatt der Kulturen die Organisation. Deren Leiterin, Philippa Ebéné, war am Montag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Die Sicherheit ist nicht der einzige Streitpunkt beim Karneval: Viele Teilnehmer sind unzufrieden mit den Bedingungen rund um den Umzug. Elf Gruppen, darunter altbekannte wie etwa der Bloco Explosão, haben sich zusammengetan und einen Forderungskatalog entwickelt, den sie nun der Senatsverwaltung schickten. Unter anderem wollen sie angemessene Übungs- und Lagerräume zur Verfügung gestellt bekommen.
Gruppen wollen nicht draufzahlen
Auch müsse eine finanzielle Grundsicherung gewährleistet werden, etwa für Materialkosten. „Wir wollen kein Geld für unsere Arbeit, aber unsere Unkosten sollen bezahlt werden“, erklärte Carmen Rojas vom Verein Calaca. Bislang kommen die Teilnehmer für Kostüme und Materialien selbst auf. „Wir fordern den Senat auf, unsere Forderungen zu erfüllen. Nur wenn dies geschieht, sehen wir uns weiterhin in der Lage, unseren Beitrag zum Karneval zu leisten“, heißt es in dem Schreiben der Gruppen.
Kringel sagte, die Verwaltung nehme die Forderungen ernst und bemühe sich bereits um Lagerstätten und Proberäume. Bislang finanziert der Senat lediglich Absperrungen, Toiletten und die Müllentsorgung. Zu der Frage, ob die Verwaltung auch die Teilnehmer finanziell unterstützen werde, wollte er sich am Montag nicht äußern.
Senat lädt zu Gesprächen
Für diesen Mittwochabend hat die Senatsverwaltung Vertreter der Gruppen eingeladen, um über die Zukunft des Karnevals zu sprechen. Gut möglich, dass das Spektakel dieses Jahr eine Nummer kleiner ausfällt: Bis Pfingsten sind es nur noch vier Monate. Bislang gibt es noch keine neue Leitung. Es würden aber Gespräche mit Interessenten geführt, so Kringel. Er sei sicher, dass der Karneval der Kulturen 2015 stattfinden werde. In welcher Form, müsse mit den Teilnehmern besprochen werden.
Auch im Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses war der Karneval am Montag Thema. „Herr Kultursenator Müller, nehmen Sie sich des Karnevals der Kulturen an, betrachten Sie ihn als eine kulturpolitisch wichtige Angelegenheit!“, forderte etwa Wolfgang Brauer, kulturpolitischer Sprecher der Linke-Fraktion.
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