Karlsruhe zu Polizeibeleidigungen: „FCK BFE“ kann strafbar sein
Wenn eine konkrete Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) geschmäht wird, kann dies als Beleidigung bestraft werden.
Im konkreten Fall hatte die linke Szene Göttingens im Oktober 2017 vor dem örtlichen Landgericht demonstriert, weil drinnen ein Prozess gegen einen bekannten Rechtsextremisten stattfand. Die Polizei war auch stark vertreten. Ein linker Demonstrant trug unter der geöffneten Jacke einen Pulli mit der Aufschrift „FCK BFE“, was von den Polizisten als „Fuck Beweissicherungs- und Festnahme-Einheit“ gelesen wurde.Nachdem der Mann sich weigerte, die Jacke zu schließen, beschlagnahmte die Polizei den Pullover. Allerdings trug er unter dem Pulli ein T-Shirt, auf dem auch „FCK BFE“ stand.
Das Amtsgericht Göttingen verurteilte den Demonstranten im Juli 2018 wegen Beleidigung der BeamtInnen der Göttinger Beweissicherungs- und Festnahme-Einheit (BFE) zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen (600 Euro). Die BFE sei eine „überschaubare Personengruppe“ und der Mann habe gewusst, dass die BFE an diesem Tag im Einsatz sein werde.
Der Begriff „Fuck“ sei hier als abwertende Schmähung und Formalbeleidigung zu verstehen. Dass der Mann schon öfter Konflikte mit der Göttinger BFE hatte, wertete das Gericht strafmildernd.In seiner Verfassungsbeschwerde machte der Mann geltend, er habe gar nicht speziell die Göttinger BFE gemeint, sondern alle Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten Deutschlands. Deren ruppiges Verhalten sei nämlich nicht nur in Göttingen kritikwürdig.
„Ablehnung der Polizei“ fällt unter Meinungsfreiheit
Diesen Einwand ließ das Bundesverfassungsgericht nun aber nicht gelten. Das Amtsgericht habe ausreichend begründet, dass es dem Mann vor allem um die Göttinger PolizistInnen ging.
Dafür habe vor allem gesprochen, dass er für den Fall einer Beschlagnahme des Pullis die gleiche Botschaft noch einmal auf dem T-Shirt trug – was auf die konkret handelnden PolizistInnen zielte. Auch die „Vorgeschichte“ des Mannes mit der örtlichen BFE habe dafür gesprochen, dass diese gemeint war.Die Karlsruher RichterInnen bekräftigten jedoch ihre ständigeRechtsprechung, dass häufig benutzte Aussagen wie „FCK CPS“ („fuck cops“) oder „ACAB“ („all cops are bastards“) nicht strafbar seien, weil es hier nicht um bestimmte BeamtInnen gehe, sondern um die „Institution der Polizei“.
Die englische Bezeichnung „Cops“ sei möglicherweise sogar an alle „Personen mit polizeilicher Funktion auf der Welt“ gerichtet. 2015 hatte das BVerfG entschieden, dass eine „allgemeine Ablehnung der Polizei“ von der Meinungsfreiheit gedeckt ist.(Az.: 1 BvR 842/19)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen