piwik no script img

Kanadische Sitcom bei NetflixProbleme der Provinz

In der Sitcom „Letterkenny“ lernen wir das Leben im ländlichen Ontario kennen. Schön, dass die Menschen dort alle wie Poststrukturalisten reden.

Wayne (Jared Keeso), Familie, Freunde und Bekannte in Letterkenny Foto: Netflix

Gesundheitsbewusst ist es nicht, was die Menschen im kanadischen Kaff Letterkenny so treiben: Sie rauchen und saufen und prügeln sich mit Wonne beim Eishockey oder einfach so, nehmen Meth und machen Witze, die man gar nicht unbedingt hier aufschreiben sollte. Oder doch?

Die Geschwister Wayne und Katy betreiben einen Bauernhof, wobei ihre Haupttätigkeit darin zu bestehen scheint, mit ihrem Kumpels Daryl und Squirrely Dan vor ihrem Gemüsestand abzuhängen, an dem nie jemand was kauft.

Wayne, beeindruckend verkörpert vom Macher der Sitcom Jared Keeso, ist der beste Raufer am Ort, seine Freundin hat ihn trotzdem zugunsten eines städtischen Hipsters abserviert. Katy (Michelle Mylett) ist sexuell sehr aktiv. Wenn irgendwer wagt, das abfällig zu kommentieren, schaut Wayne vorbei und rückt denjenigen zurecht. Auf dieser Grundlage sagt er zu seiner Schwester schon mal „Zieh dir was an, Katy“, was sie mit einem trockenen „ist nicht meine Stärke“ retourniert.

Für Schulenglischsprecher ist es unmöglich all den Wortwitz, die Reimketten und Anspielungen nachzuvollziehen. Aber die Energie, die in einer einzigen Szene der gut 20-minütigen Folgen vor Toilettengängen zur Anwendung kommt oder mit der „Dad“-mäßiges Stöhnen beim Aufstehen oder Hinsetzen kommentiert wird, reichten hierzulande für eine Jahresproduktion – Sternstunden wie „Discounter“ ausgenommen.

„Letterkenny“

12 Staffeln, bei Netflix.

Öfter auf einer Bank abhängen

Letterkenny, ursprünglich ein Youtube-Format, lief in Kanada in zwölf Staffeln von 2016 bis 2023 und wurde vielfach ausgezeichnet. Zu Beginn jeder Folge steht: „There are 5.000 people in Letterkenny. These are their problems.“ Und der größte Witz an der ganze Sache ist wahrscheinlich, dass die provinziellen Figuren einerseits vollkommen ernst genommen werden, sie sich dann aber rhetorisch oft auf dem Niveau der „French Theory“ bewegen.

Die Sache ist dermaßen gelungen, das Netflix mit „Shoresy“ ein Spinoff eingekauft hat, weitere sollen folgen. Wer sich das alles anschauen soll, wird man sehen. Vielleicht sollten wir selber mehr auf einer Bank mit unseren Kumpels und Kumpelinen abhängen und abwarten, was beim Labern so rauskommt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Letterkrnny finde ich spitze! Mit Shorsey bin ich eingestiegen, weil zu erst bei Netflix erschien. Diesen Humor, wie er in den beiden Serien präsentiert wird, muss man mögen. Es wird nicht jeder begeistert sein. Mich hat die Show voll gepackt und ich habe alle Folgen mit großem Vergnügen geschaut.

  • Ich frage mich: für welche Qualitäten zeichnet man so etwas aus ? Wenn es 7 Jahre läuft, müssen es ein Haufen Leute "gut" finden, damit ihre Zeit zu ver...bringen. Ich habe ca 1,8 Folgen geschafft, zum Durchhalten getrieben von Empfehlungen wie "...musst Du unbedingt..." und der Hoffnung, dass etwas kommt, das mehr hervorruft als ..."omg - sind die "....Kurz vor der 2. Wendemarke habe ich die Hoffnung aufgegeben....

  • I love it!!

    Dank Corona die letzte Woche bin ich durch mit Gucken und überlege stark, gleich nochmal zu starten. Mir fehlt jetz schon das "ich war mit meinen Kumpels beim....neulich"

    Großartig, lange nicht so gut amüsiert, die Kanadier können das (Working Moms)