Kanada und Trumps Wirtschaftsdeal: Trudeau in der Nafta-Klemme
Kanadas Premier braucht einen Erfolg bei den Nafta-Verhandlungen. Er darf gegenüber den USA keine Schwäche zeigen.
So auch beim Thema Handel: Als Trump am Montag eine vorläufige Nafta-Einigung mit Mexiko verkündete, wurden die Kanadier auf dem falschen Fuß erwischt. Außenministerin Chrystia Freeland musste ihre Europareise abbrechen, um sich in Washington wieder in die Verhandlungen einklinken zu können. Zuvor hatte Trump Kanada mit einem Ausschluss gedroht, falls der nördliche Nachbar nicht zu neuen Zugeständnissen bereit sei.
Jetzt steht für Kanada viel auf dem Spiel und Trudeau ist unter Zugzwang. Die Kanadier verbuchen rund drei Viertel ihres gesamten Außenhandels mit den USA, die Volkswirtschaften beider Länder sind eng miteinander verflochten, viele Konzerne operieren auf beiden Seiten der Grenze. Das Land kann es sich nicht leisten, bei einem neuen oder erneuerten Freihandelsabkommen nicht mit dabei zu sein.
Zumal die USA nur dann die zuletzt gegen Kanada verhängten Strafzölle auf Aluminium und Stahl wieder aufheben wollen. Die treffen Kanada hart, denn das Land verkauft an keine andere Nation so viel Aluminium und Stahl wie an die USA. Auch die kanadische Forstwirtschaft, der Luftfahrtkonzern Bombardier und die kanadische Papierindustrie waren mit US-Strafzöllen überzogen worden.
Die Zeit drängt, denn die Kanadier sollen laut Trump nur wenig Zeit haben, den Vereinbarungen mit Mexiko zuzustimmen. Am Montag sprachen Trudeau und Trump wieder miteinander in einem Telefonat, das „konstruktiv“ verlaufen sei, wie es am Abend offiziell in Ottawa hieß. Aus der Diplomatensprache übersetzt heißt das, man war recht nüchtern zueinander.
Die Differenzen beider Länder sind groß
Die Regierung Kanadas erklärte am Dienstag, die Annäherung zwischen den USA und Kanada sei eine notwendige Voraussetzung für die Fortsetzung der Gespräche. Die Ankündigung von Mexiko und den USA sei „ermutigend“. „Wir werden nur ein Abkommen unterzeichnen, das gut für Kanada und gut für die Mittelschicht ist“, sagte ein Sprecher. Kanadas Unterschrift sei notwendig für das Zustandekommen.
Die Differenzen beider Länder sind groß: Trudeau beharrt darauf, dass ein Abkommen alle drei Partner umfasst, Trump dagegen kann sich auch zwei separate Verträge vorstellen, einen mit Mexiko und einen mit Kanada. Notfalls will er ganz ohne den nördlichen Nachbarn weitermachen. Kanada steht insbesondere unter Druck, die Neuregelungen zur Autobranche zu akzeptieren. Ansonsten drohen dem Land in diesem Bereich US-Zölle.
Beim Thema öffentliche Aufträge besteht Trudeau auf Wettbewerb, Trump dagegen will Kanada von Auftragsvergaben in den USA weitgehend ausschließen. Die Kanadier wollen die Schlichtungen aus dem Nafta-Vertrag erhalten, während die Amerikaner diese einschränken möchten. Kanada fordert einen unbegrenzten Vertrag, die USA und Mexiko haben sich auf eine sechsjährige Verfallsfrist geeinigt.
Besonders schwierig ist auch das Kapitel Landwirtschaft. Kanada hat seine Milch- und Agrarindustrie weitgehend vor der ausländischen Konkurrenz abgeschottet und schützt seine Milchbauern derzeit mit hohen Zöllen. Trudeau steht unter starkem innenpolitischem Druck, den USA hier nicht nachzugeben. „Meine Position, wenn es um Versorgungsketten geht, hat sich nicht verändert“, sagte Premierminister Justin Trudeau am Dienstag mit Blick auf die Milchindustrie. Aber auch Trump muss den US-Farmern, die zu seinen treuesten Wählern gehören, Erfolge zeigen können.
Politisch braucht Trudeau einen Nafta-Erfolg mindestens genauso wie Trump. In Kanada sind in gut einem Jahr Parlamentswahlen, und die Umfragewerte des Premiers waren zuletzt merkbar gesunken. Trudeau muss jetzt den USA entgegenkommen, ohne dass die Wähler den Eindruck bekommen, er sei gegenüber Trump eingeknickt. Es ist ein schwieriger wie riskanter Balanceakt für Justin Trudeau. (mit dpa)
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