Kampf um die New York Stock Exchange: Die Frankfurter Börse schlägt zurück
Die Nasdaq durchkreuzt die Übernahmepläne der Deutschen Börse für die Wall Street. Die Frankfurter wollen aber nicht aufgeben – und kontern mit einem neuen Plan.
HAMBURG taz | Das Rennen um die weltweite Spitzenposition im Börsengeschäft ist wieder offen. Rund sieben Wochen nach dem spektakulären Übernahmeplan der Deutschen Börse für die New Yorker NYSE droht nun eine feindliche Übernahme. Am Sonntag wollen die NYSE-Chefs beraten.
Zunächst war die andere große US-Börse Nasdaq zum Gegenangriff übergegangen, indem sie ein milliardenschweres Gegenangebot vorlegte: Nasdaq will zusammen mit der Rohstoffbörse ICE 11,3 Milliarden Dollar für die Wall-Street-Börse NYSE zahlen, etwa 8 Milliarden Euro, und damit deutlich mehr als die Deutsche Börse.
Doch der Chef der Deutschen Börse, Reto Francioni, gibt nicht auf und hält am Zusammenschluss fest. Die Aufsichtsräte der Deutschen Börse und der NYSE hatten der Fusion bereits im Februar zugestimmt. Und so heißt es nun, dass Francionis Partner, NYSE-Chef Duncan Niederauer, eine feindliche Übernahme der Nasdaq plant.
Die Nasdaq begründete ihre Konterattacke mit der Notwendigkeit, die internationale Wettbewerbsfähigkeit US-amerikanischer Börsen zu stärken. 2010 fand nur einer der zehn größten Börsengänge in den USA statt. Spekulation spielt sich durch die globale Kräfteverschiebung zunehmend in China, in Südostasien und in Brasilien ab.
Auch die Deutsche Börse möchte mit der Fusion zur „weltweit führenden Börsenorganisation“ aufsteigen. Zur NYSE gehören neben der Wall Street auch mehrere europäische Börsen, darunter Paris, Amsterdam und Lissabon. Sowohl in Amerika wie Europa könnten kartellrechtliche Bedenken auftauchen.
Wie das Rennen ausgeht, gilt als offen
Wie das Rennen ausgeht, gilt als offen. Aber wer immer den Bieterwettlauf gewinnt und zum weltgrößten Börsenkonzern aufsteigt, das eigentliche Problem der Handelsplattformen ist damit nicht gelöst.
Infolge des Abschieds vom örtlichen Parketthandel, der vor zwei Dekaden begann, wickeln die Börsen den Kauf und Verkauf von Wertpapieren meistens über millisekundenschnelle elektronische Systeme ab. Dafür waren milliardenschwere Investitionen in Computer, Software und Fachleute nötig. Wie in der Industrie geht es nun darum, die teure Infrastruktur möglichst rund um die Uhr mit hohen Umsätzen auszulasten. Fusionen erscheinen da als letzte Möglichkeit.
Immer mehr Geschäfte außerhalb der Börsen
Trotzdem wächst die Konkurrenz von außerhalb bedrohlich an. Banken und Fonds, Versicherungen und Investoren wickeln viel mehr Spekulationsgeschäfte als früher außerhalb der Börsen ab. Diese kontern mit Fusionen, um Marktanteile zu halten.
Während der Handel mit Devisen und Staatsanleihen schon weitgehend „over the counter“ von Bank zu Bank oder in elektronischen Netzwerken außerhalb der regulären Börsen abgewickelt wird, konnten die Börsen beim Aktienhandel bislang noch die Hälfte des globalen Geschäftsvolumens retten. Durch den Rückgang der Börsen werden die Kleinaktionäre weiter an den Rand gedrängt. Und der Börsenfall macht die Finanzmärkte noch unübersichtlicher und schafft weitere Freiräume für Schwarzmärkte ohne nennenswerte staatliche Aufsicht.
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