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Kampf gegen das AlternAuf der Suche nach dem Glow

Anti-Aging-Produkte versprechen spektakuläre Effekte. Nachhaltiger für das Verlangsamen des Alterungsprozesses sind aber andere Dinge.

Hoffentlich unvermeidbar: Lachfalten Foto: Katarzyna Zommer/plainpicture

Die Geschichte beginnt in Prag. Mitten im Touri-Viertel gibt es eine Oase der Schönheit. Betritt man den Laden, schwappt einem eine Welle des Wohlbefindens entgegen: kein Trubel, stattdessen Rosenduft, sanfte Musik. Die Verkäuferin eilt auf die potenzielle Kundschaft zu.

Für die jüngere Begleitung hat sie die pastellgrüne Serie im Angebot, duftende Cremes und Peelings gegen Pickel und fettige Haut. Für die ältere Kundin: die rosa­farbene Serie. Damit die Augenlider nicht so schlaff wirken und die Fältchen verschwinden, sagt sie und zwinkert. Ein bisschen Glow kann auch nie schaden. Ein Fläschchen Rosenöl kostet schlappe 30 Euro. Das gibt einen tollen Effekt, verspricht die Verkäuferin.

Hormonmangel führt dazu, dass die Haut saftlos wirkt, manche bekommen braune Flecken oder kleine Knubbel

Schlagartig wird der Kundin klar, dass sie wohl keinen Glow mehr hat und dringend etwas tun muss. Während die jüngere Kundin etliche Anti-Pickel-Produkte ins Körbchen gelegt hat, hadert die Ältere noch mit dem Preis für das Anti-Falten-Öl. Und beschließt dann, sich auf das Experiment „Kampf gegen das Altern“ einzulassen. Zum ersten Mal in ihrem Leben.

Der Körper verfällt

Mit zunehmendem Alter sind Frauen klar im Nachteil: Hormonmangel führt dazu, dass die Haut labbrig wird, saftlos wirkt. Vielen fallen die Haare aus, mit einem gesunden Schlaf ist es oft auch vorbei. Zusammengefasst: Der Körper verfällt. Bei vielen Frauen ab 50 kommen private Veränderungen dazu: Die Kinder sind aus dem Haus, der Mann sucht sich vielleicht eine Jüngere. Die jüngere Kollegin zieht im Job an einem vorbei. Es sieht also nicht gut aus.

Das Leben einer Frau 2025

„Man kommt nicht als Frau zur Welt, man wird es.“ Zum feministischen Kampftag am 8. März wird die wochentaz zur Frauentaz. Auf 52 Seiten blicken wir auf das gesamte Leben einer Frau – von der Geburt bis zum Tod. Auf taz.de widmen wir uns dem Thema ganze drei Tage.

„Dass wir altern, lässt sich nicht vermeiden“, sagt Yael Adler. Adler ist Hautärztin und Ernährungsmedizinerin. Ihr geht es um das Wie. „Altern wir relativ gesund und mit guter Lebensqualität und Lebensfreude, kommen vielleicht auch im Alterungs­prozess schöne Aspekte hinzu.“ Zum Beispiel mit guter Ernährung: pflanzliche Kost, Ballaststoffe, wenig Zucker und Salz – ein informiertes, kluges Essen, wie Adler es nennt. Um guten Schlaf sollte man sich auch kümmern, Sport machen, nicht rauchen, Alkohol meiden.

Und: „Einsamkeit ist ein Alterungsfaktor“, sagt Adler. „Es muss nicht immer ein Partner sein, auch Freundschaften und gute zwischenmenschliche Beziehungen helfen, Stress abzubauen und länger zu leben.“

Minimalismus statt Überbeautyfication

Das alles macht natürlich mehr Arbeit als ein Öl aufzutragen. Das Geschäft mit scheinbar einfachen Lösungen brummt: Cremes gegen Augenfalten, Masken, die die Kerben um die Mundpartie kaschieren, straffende Lotionen für ein strahlenderes Aussehen – das Marktforschungsinstitut straits research schätzt den weltweiten Umsatz mit Anti-Aging-Produkten auf rund 45 Milliarden US-Dollar. Tendenz steigend.

Grund für die hohe Nachfrage ist ein steigendes Bewusstsein fürs Altern, aber auch das Berufsbild von „Skinfluencern“, die Frauen nahelegen, dass ihre Haut Aufmerksamkeit und Pflege bedarf. Für nachhaltigere Effekte wird schweres Geschütz empfohlen: Spritzen oder Ampullen mit Anti-Alterungs-Seren sollen die Haut lange faltenfrei machen.

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„Beim Thema Haut ist Sonnenschutz das A und O, außerdem sollte man für ein gesundes Hautgefühl und weniger Entzündungen nicht alles abseifen“, sagt Adler. Also lieber die großen Hautflächen nur mit Wasser waschen, damit die Haut nicht austrocknet. Dann würde man schnell sehen, dass die Haut doch mehr Fett produziert und sich zu großen Teilen selbst schützt. Und bloß nicht zu viele Produkte mischen. Minimalismus statt Überbeautyfication.

Kurze Glow-Effekte

Aber nach einer Maske mit Hyaluronsäure ist eine gewisse „Saftigkeit“ doch nicht eingebildet? Adler spricht von einem kurzfristigen Effekt. Hyaluronsäure bindet das Wasser für ein paar Stunden und die Haut sieht praller aus. An die tieferen Hautschichten kommt sie aber nicht ran.

Das Rosenöl ist inzwischen leer. Der eine oder andere Glow-Effekt war zwar dabei. Aber die Augenfalten sind immer noch da. Nachschub hat die ältere Kundin sich noch nicht besorgt.

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4 Kommentare

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  • Aubrey de Grey und seine Vision einer radikalen Verjüngung sind faszinierend, aber die Realität der Forschung bleibt komplex. Während Fortschritte in Gen-Editing, Zelltherapien und KI-gestützter Medikamentenentwicklung vielversprechend sind, bleibt unklar, ob diese Technologien in den 2030er Jahren tatsächlich zu bahnbrechenden Rejuvenation-Erfolgen führen.

    Der Optimismus in der Szene ist verständlich, insbesondere angesichts steigender Investitionen und erster Erfolge in Tierversuchen. Doch Altern ist ein vielschichtiger biologischer Prozess, den wir noch nicht vollständig entschlüsselt haben. Selbst wenn einzelne Mechanismen beeinflusst werden können, stellt sich die Frage, ob eine echte Verjüngung ohne Nebenwirkungen möglich ist. Zudem sind regulatorische Hürden nicht zu unterschätzen – selbst vielversprechende Therapieansätze könnten durch lange Zulassungsverfahren ausgebremst werden.



    Vermutlich wird der Fortschritt in der Alternsforschung eher schrittweise erfolgen als durch einen plötzlichen Durchbruch. Wir könnten in den 2030er Jahren gezielte Anti-Aging-Therapien gegen altersbedingte Krankheiten sehen, doch die Vision einer umfassenden Verjüngung bleibt vorerst spekulativ.

  • "Mit zunehmendem Alter sind Frauen klar im Nachteil"...

    Puh, ja, sorry, aber ... vielleicht ... betrifft Altern halt auch andere Geschlechter?

    Ich hab gerade damit zu kämpfen, dass ich oft nicht mehr durchschlafen kann und ständig auf's Klo muss: Blase und Prostata. Auch schön. Und super attraktiv.

    Inzwischen reagiere ich echt allergisch auf diese "alle Nachteile treffen immer nur die armen Frauen"-Nummer: Als ob.

    Wie wäre es mal damit: Das eigene Leiden benennen können, ohne den irgendwie anders gearteten Anderen ihres absprechen zu müssen?

    Ich wünsche mir das so sehr: Gesellschaftlich endlich mal aus diesem stumpfen, narzisstischen Alice-Schwarzer-Type-schwarz-weiß-Mainstream-Feminismus raus zu kommen. Der hat nämlich die eigene Verletztheit und deren Konsequenzen nicht auf dem Schirm. Dabei ist dass der Bass aller (!) emanzipatorischer Bewegungen: Dass da Verletzte, Traumatisierte versuchen, den Ihnen zustehenden(!!!) Raum zu etablieren. Und dabei nicht nur vor der Herausforderung ihrer Unterdrückung stehen, sondern Gefahr laufen, aufgrund ihrer eigenen Verletzung (durch die Unterdrückung) selbst zu Täter*Innen zu werden, siehe Alice.

    • @Hanno Homie:

      Ich verstehe, dass du frustriert bist und deine eigenen Erfahrungen mit dem Älterwerden nicht unsichtbar gemacht sehen willst – völlig berechtigt. Niemand sollte das Gefühl haben, dass sein Leiden weniger wert ist.

      Gleichzeitig muss aber auch gelten: Wenn jemand benennt, dass Frauen im Alter oft strukturell benachteiligt sind – sei es durch geringere Renten, Altersarmut oder gesellschaftliche Erwartungen an „Attraktivität“ –, dann ist das kein Angriff auf Männer und ihre Herausforderungen. Es sind zwei Realitäten, die nebeneinander bestehen können.

      Vielleicht liegt die Lösung nicht darin, sich gegenseitig das Leid „wegzudiskutieren“, sondern darin, gemeinsam darauf hinzuweisen, dass Altern ein verdammt komplexer Prozess ist – für alle Geschlechter. Und dass wir es uns gesellschaftlich leisten sollten, verschiedene Perspektiven darauf zuzulassen, ohne gleich in eine Konkurrenz um die größere Last zu geraten.

    • @Hanno Homie:

      Hallo Hanno, ich erinnere und bin da komplett bei Ihnen, Sie sind da nur temporär in den großen Feminismus Strudel angesichts des Frauentags reingetrudelt. An sich haben Sie Recht, gleiches sollte auch zum Männertag – der übrigens am 19.11. und nicht zu Christi Himmelfahrt international gefeiert wird – publiziert werden. Denn Mann sein ist sicher ebenso wenig (vielleicht ein bisschen) leichter als Frau zu sein. Definitiv Recht haben Sie mit dem Blick auf die eigene Befindlichkeit und dabei die anderen nicht aus den Augen zu verlieren. So muss ich mich regelmäßig regulieren, dass meine üppigen negativen Erfahrungen nicht zu einem schlechten Umgang mit anderen führen. Danke für den Reminder 😊 Manchmal soll ja schon helfen, gesehen zu werden so wünsche ich Ihnen weiterhin alles Gute. Für alle anderen: Adhomukha Shvanasana verjüngt den Körper… so wie alle Umkehrhaltungen im Yoga.

      wiki.yoga-vidya.de/Umkehrhaltung