Kampf gegen Treibhausgase: Klimaschutz zahlt sich aus
Eine Studie des Bundesverbandes der Industrie zeigt, dass Klimaschutz der Umwelt und der Wirtschaft nützt.
BERLIN taz Klimaschutz hilft nicht nur der Umwelt, sondern macht sich auf Heller und Pfennig bezahlt. Diese Erkenntnis setzt sich nun auch bei denen durch, die vom Kampf gegen die Treibhausgase bislang vor allem ihre Geschäfte bedroht sahen: der deutschen Industrie. Ihr Bundesverband BDI hat am Dienstag erstmals Berechnungen vorgestellt, welche Klimaschutz-Investitionen er in Deutschland für vertretbar hält, ohne dass Unternehmen und Verbraucher darunter leiden müssten.
Die Zahlen, die BDI-Chef Jürgen Thumann präsentierte, lassen aufhorchen: Bis zum Jahr 2020 ließen sich in Deutschland die Treibhausgase um 26 Prozent verringern, ohne dass es zu zusätzlichen Belastungen für die Wirtschaft und Verbraucher käme. Als Vergleichsjahr dient 1990, als 1.232 Millionen Tonnen Kohlendioxid emittiert wurden.
Dafür notwendige Investitionen etwa in die Sanierung von Gebäuden, sparsamere Motoren oder klimaschonendere Energiegewinnung würden sich praktisch von selbst finanzieren - weil so die Energiekosten sinken würden und weniger Emissions-Zertifikate gekauft werden müßten. Noch mehr CO2 lässt sich einsparen, wenn mehr Geld investiert wird. "Bei 31 Prozent weniger Emissionen liegt jedoch eine Schallmauer", sagte Thumann. Von einer Verminderung der Treibhausgase um 40 Prozent, wie sie die Bundesregierung anstrebt, hält Thumann jedoch nichts: "Das geht nur, wenn wir die Laufzeit der Atomkraftwerke verlängern", sagte Thumann. Eine Prognos-Studie der Bundesregierung zeigt jedoch, dass ihr Klimaziel auch bei einem Atomausstieg möglich ist.
Berechnet wurden die BDI-Zahlen von der Unternehmensberatung McKinsey. "Umweltschutz ist ein Zukunftsmarkt", wies McKinsey-Deutschland-Chef Frank Mattern bei der Vorstellung der Ergebnisse auf das ökonomische Potenzial des Klimaschutzes hin. Seine Mitarbeiter haben dabei mit recht vorsichtigen Annahmen gearbeitet. Ausgehend vom Festhalten am Atom-Ausstieg haben sie 300 technische Klimaschutzmaßnahmen für die Bereiche Energie, Industrie, Gebäude und Transport durchgerechenet. Verwendet wurden in der Kalkulation nur Klimaschutztechniken, die bereits heute verfügbar sind. Das größte Potenzial zur Vermeidung von Kohlendioxid steckt der Studie zufolge in der Isolierung und Modernisierung von Gebäuden. Entlastungen seien auch durch den Ausbau erneuerbarer Energien zu erwarten.
"Endlich hat auch die deutsche Industrie verstanden, dass die Bekämpfung des Klimawandels die Hauptrolle spielt", sagte Jörg Feddern von Greenpeace. Der Energie-Experte hält die Rechnung der McKinsey-Berater jedoch für betriebswirtschaftlich verblendet. "Die volkswirtschaftlichen Kosten durch den Klimawandel werden in der Studie völlig außer acht gelassen", sagte Feddern. Sie könnten allein in Deutschland 800 Milliarden Euro betragen, wenn die Treibhausgasemissionen nicht entschieden reduziert werden. Auch Angelika Zahrnt, Vorsitzende vom BUND, findet die Studie zu bequem gerechnet, was die Verantwortung der Industrie angeht: "Sie weist große Lücken bei den Sparpotenzialen von Autos und der klimafreundlichen Kraft-Wärme-Kopplung auf", sagte Zahrnt.
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