Kampf gegen Extremismus: Regierung verschiebt Geld nach links
Im Haushalt wurden bisher unbemerkt bereits zusätzliche Millionen für den Kampf gegen Linksextremismus eingeplant. Die Koalition will rechte und linke Gewalt gleichsetzen.
BERLIN taz | Die Bekämpfung aller Formen des Extremismus hatte sich zum Regierungswechsel vor allem Familienministerin Kristina Schröder (CDU) vorgenommen. Sie hat sich damit die Kritik der Opposition und Initiativen gegen Rechtsextremismus eingehandelt. Sie verharmlose die braune Gefahr und setze Dinge gleich, die nicht gleichgesetzt gehörten, lautete der Vorwurf.
Schließlich tastete Schröder im Haushalt für das Jahr 2010 die 24 Millionen Euro für die Programme gegen rechts erst mal nicht an, fand aber 2 Millionen Euro, die sie in Programme gegen Linksextremismus und Islamismus stecken will.
Parallel zur Veröffentlichung der Zahlen zu politisch motivierten Straftaten treibt die Koalition nun die Debatte voran. "Die Bundesregierung muss prüfen, wie die bestehenden Extremismusbekämpfungsprogramme auf den Linksextremismus angepasst werden können", sagte der FDP-Bundestagsabgeordnete Stefan Ruppert am Dienstag.
Auch die CSU forderte eine Aufstockung der Programme gegen linke Gewalt. "Offensichtlich sind vor allem in großen Städten Schutzräume linksextremer Gewalt entstanden", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Stefan Müller.
Von der Öffentlichkeit unbemerkt hat die schwarz-gelbe Regierung nach taz-Informationen aber bereits weitere Mittel für die Bekämpfung des Linksextremismus freigeschaufelt. So hat in der vergangenen Woche der Bundestag im Haushalt des Innenministeriums, das seit dem Regierungswechsel auch für den Osten Deutschlands zuständig ist, 6 Millionen Euro für die "Förderung von Projekten für demokratische Teilhabe und gegen Extremismus in Ostdeutschland" bewilligt.
Wie es in einem Vermerk des Innenministeriums heißt, sollen die Mittel zur "Auseinandersetzung mit allen Formen des Extremismus im öffentlichen Leben in den neuen Ländern" eingesetzt werden - also als Geld gegen Rechtsextremismus, Linksextremismus und Islamismus.
Interessant daran ist, dass dieses Geld in der alten Bundesregierung im Haushaltsentwurf für das Jahr 2010 des damaligen Ostbeauftragten Wolfgang Tiefensee (SPD) noch unter einem anderen Titel eingeplant war: ausschließlich als Mittel zur "Förderung von Projekten gegen Rechtsextremismus in den neuen Bundesländern".
Für den SPD-Innenpolitiker Sebastian Edathy geht diese Umschichtung in die falsche Richtung. "Gerade wenn man sich die neuen Länder anschaut, dann findet man jede Menge Rechtsextremisten, aber nur ganz wenige Islamisten und Linksextremisten", sagte er der taz. Die 6 Millionen Euro ausschließlich für den Kampf gegen den Rechtsextremismus zu verwenden wäre deshalb mehr als angemessen gewesen, sagte Edathy.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Vorschläge für bessere Schulen
Mehr Führerschein wagen