Kampf gegen Energiekrise in Berlin: „Netzwerk der Wärme“ gegründet
Kirchen und Clubs, Politik und Wirtschaft, Sozialverbände und Kultur: Sie alle verpflichten sich, Angebote für Bedürftige anzubieten und auszubauen.
„Wenn wir alle zusammenhalten, kommen wir gut durch diesen Winter. Wir wollen, dass unsere Stadt jetzt zusammen rückt“, heißt es in der Charta. Sie begründet ein gleichnamiges Netzwerk, das Angebote für Bedürftige bündeln und ausbauen soll. Denn: „Wer sich einbringen will, ist herzlich willkommen.“
Auf einer Karte im Internet sind Anlaufstellen verzeichnet, die Menschen aufsuchen können, um nicht zu frieren – und im besten Fall gibt es dort neben etwas Essen auch eine Beratung für aktuelle Probleme. Verzeichnet sind derzeit zum Beispiel viele Bibliotheken, einige von ihnen haben die Öffnungszeiten verlänger, aber auch Kultureinrichtungen, Wärmestuben und Clubs. Auch finanzielle oder ideelle Unterstützung werde gern gesehen. Wer ebenfalls ein Angebot machen möchte, kann sich für (finanzielle) Unterstützung an die Senatsverwaltung für Soziales wenden.
Denn die Idee stammt von Sozialsenatorin Katja Kipping. Seit mehreren Monaten schon ist die Linksparteipolitikerin mit der Organisation des Netzwerks beschäftigt, trifft sich mit engagierten Menschen. „Normalerweise braucht man für ein solches Netzwerk drei Jahre“, sagt sie am Freitag. Aber diese Zeit habe die Energiekrise und die hohe Inflation ihr nicht gelassen. „Wir müssen die Härten in diesem Winter sozial abfedern.“ Dabei gehe es nicht nur ums „Brot allein“, sondern auch um Herzlichkeit und Solidarität.
11 Millionen Euro sind im in dieser Woche vom Senat beschlossenen Nachtragshaushalt für das Netzwerk eingestellt; den Haushalt soll das Parlament bis Mitte November beschließen. Die Maßnahme ist Teil der umfassenden Hilfen von Rot-Grün-Rot für die Berliner*innen, damit jene gut über den Winter kommen, etwa der Härtefallfonds auch für Unternehmen und stark verbilligte Nahverkehrstickets.
So wird es das bisherige Sozialticket ab Januar statt wie bisher für 27,50 Euro für 9 Euro geben; es ermöglicht Fahrten mit BVG und S-Bahn in ganz Berlin. Auch die Zahl der Berechtigten wird ausgeweitet, so dass rund 650.000 Menschen anspruchsberechtigt sind. Ihnen – und möglicherweise noch mehr Menschen – helfe auch das Netzwerk der Wärme, sagte die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD). „Berlin hält zusammen in schwierigen Zeiten“, versprach sie erneut.
Ein Kuschelbär mit einem Herzen ziert das Logo der Charta der Wärme. Die Projekte selbst dürfen ruhig etwas einfallsreicher sein, wie Gabriele Schlimper berichtet. Geplant seien etwa gemeinsame Pizzaback- und Eintopfabende oder auch Beratungen im Waschhaus, während im Hintergrund die Waschmaschine läuft. Auch Werkstätten für Menschen mit Beeinträchtigungen sollen zu Anlaufpunkten für alle werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Der Fall von Assad in Syrien
Eine Blamage für Putin