Kampf gegen Boko Haram: Afrikas Staaten suchen eine Strategie

Nigerias ausufernder Bürgerkrieg ruft die Nachbarn auf den Plan. Einer verstärkten Kooperation steht die Tendenz zur Abschottung voneinander entgegen.

Kinder, die durch den Terror von Boko Haram heimatlos geworden sind, in einem Flüchtlingslager in Yola, Nigeria. Bild: ap

BERLIN taz | Nach der bisher blutigsten Woche im fünfjährigen Krieg der islamistischen Untergrundarmee Boko Haram in Nigeria wird verschärft über ein verstärktes internationales Engagement gegen die Islamisten der Region nachgedacht. „Eine globale Antwort auf eine globale Herausforderung“ verlangte Kameruns Präsident in einer Rede vor Diplomaten bei seinem Neujahrsempfang am Freitag.

Es wird erwartet, dass mehrere afrikanische Präsidenten – genannt werden bisher die von Senegal, Mali, Niger und Gabun - am Sonntagnachmittag an dem Pariser Trauermarsch für die Opfer der Terroranschläge in der französischen Hauptstadt teilnehmen und bei der Gelegenheit mit Frankreichs Präsident Francois Hollande über den Kampf gegen Afrikas bewaffnete Islamisten beraten.

In Nigeria hatte Boko Haram vor einer Woche die Stadt Baga – ein wichtiger Militärposten im nordöstlichen Bundesstaat Borno – erobert und bei Massakern dort sowie in Nachbarorten in den folgenden Tagen unterschiedlichen Berichten zufolge zwischen einigen hundert und 2.000 Zivilisten getötet. Die Islamisten kontrollieren mittlerweile nach Angaben lokaler Politiker 70 Prozent des Bundesstaates. Am Samstagnachmittag forderte ein Selbstmordanschlag auf dem Markt der zwei Millionen Einwohner zählenden Provinzhauptstadt Maiduguri rund 20 Tote. Berichten zufolge war die Selbstmordattentäterin ein 10-jähriges Mädchen.

Im Nachbarstaat Yobe versuchten derweil Einheiten von Boko Haram, die Provinzhauptstadt Damaturu einzunehmen, nachdem sie zuvor umliegende Orte besetzt hatten. Nigerias Regierungsarmee sagte, sie habe bei der Abwehr des Angriffs, der in der Nacht zum Samstag begann, 200 Aufständische getötet.

Wachsende Rolle Südlibyens

Nicht nur Boko Haram bereitet Sorgen, sondern auch die zunehmenden Angriffe von „al-Qaida im Islamischen Maghreb“ in Mali sowie die wachsende Rolle Südlibyens als Transit- und Rückzugsgebiet für Islamisten. Frankreichs Präsident Hollande hatte Anfang vergangener Woche einer einseitigen französischen Militärintervention in Libyen eine Absage erteilt, aber nun stellt sich die Frage, wie sich die seit einem halben in fünf Sahelstaaten aktive französische Militäroperation „Berkhane“ angesichts der zunehmenden Unsicherheit positioniert.

Eine eigentlich geplante afrikanische Begleittruppe von je 700 Soldaten aus Nigeria, Niger, Benin, Tschad und Kamerun, die im vergangenen Oktover vereinbart worden war, hat bis heute nicht das Licht der Welt erblickt. Die einzige bereits bestehende multinationale Eingreiftruppe der Region, die Multinational Joint Task Force, bestehend aus Militäreinheiten aus Nigeria, Niger und Tschad, hat seit dem Fall ihres Hauptquartiers im nigerianischen Baga an Boko Haram vor einer Woche faktisch aufgehört zu existieren.

Niger und Tschad konzentrieren sich jetzt auf die Absicherung ihres eigenen Staatsgebietes vor einem Übergreifen der Gewalt in Nigeria. Tschads Regierung schloss am Wochenende ihre Grenzen zu Nigeria und schickte Truppenverstärkungen in seine Grenzregion.

Kameruns Präsident Biya verlautbarte, Boko Haram sei Teil einer „globalen Bewegung“, die sich in Afrika von Mali über Zentralafrika bis nach Somalia erstrecke und „vom Atlantischen bis zum Indischen Ozean“ präsent sein wolle. Darauf müsse eine genauso konzertierte internationale Reaktion erfolgen. Bisher sind die Miltärschläge, die die Armeen Kameruns und Nigerias gegen Boko Haram unternehmen, aus kamerunischer Sicht unzureichend miteinander abgesprochen, was den Islamisten ermöglicht, jeweils im anderen Land Schutz zu suchen. In Nigerias nördlichem Nachbarstaat Niger wiederum sorgen sich die Behörden, dass immer mehr arbeitslose Jugendliche sich gegen die Zusage von umgerechnet knapp 500 Euro von Boko Haram rekrutieren lassen.

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