Vor der Präsidentschaftswahl in Benin: „Todesmusik“ scheidet die Geister

Ein Franzose tritt gegen einen Milliardär an. Der eine hat als Premierminister keine Probleme gelöst, der andere war eines Mordkomplotts verdächtig.

Drei Frauen in bunten Kleidern sitzen singend zusammen. Eine hält ein Wahlplakat von Lionel Zinsou in den Händen.

Gesang für Lionel Zinsou: in diesem Fall bestimmt keine „Todesmusik“. Foto: dpa

COTONOU taz | Wer auf YouTube das Wort „Zinli“ eingibt, findet Videos mit Trommelmusik aus Benin. Zu hören ist diese Musik im Süden des Landes, wenn bei den Fon, der größten ethnischen Gruppe, jemand gestorben ist – die Klänge des Todes. Zinli steht im Moment aber noch für jemanden, der lebt: Lionel Zinsou, 62, der am kommenden Sonntag westafrikanischen Land Präsident werden will. Wie üblich nennt man zuerst den Familiennamen und dann den Vornamen – flugs wird aus „Zinsou, Lionel“ Zinli, die Todesmusik. Ein grandioses Wortspiel in einer heiß umkämpften Präsidentschaftswahl.

Zinsous Aussichten sind nicht schlecht, wird er doch von der Regierungspartei FCBE (Forces Cauris pour un Bénin Emergent) unterstützt. Es ist die Partei von Amtsinhaber Boni Yayi, 63, der nach zwei Amtszeiten nicht wieder antreten darf. Nachdem seine Partei bei den Parlamentswahlen 2015 große Einbrüche erlitt, nahm er von der in Afrika derzeit beliebten Idee einer Verfassungsänderung für eine dritte Amtszeit Abstand. Im Juni 2015 kam Zinsou als sein Premierminister ins Land und wurde fünf Monate später Spitzenkandidat.

An Zinsou scheiden sich die Geister. Gerne heißt es in der einstigen französischen Kolonie, dass er der Kandidat Frankreichs ist. Zinsous Mutter war Französin, er selbst wurde in Paris geboren, wuchs dort auf und machte bei verschiedenen Finanzunternehmen Karriere. Die wenigste Zeit seines Lebens hat der Wirtschaftswissenschaftler, der gerne als „Afrika-Optimist“ bezeichnet wird, in Benin verbracht. Genau das könnte zu seinem größten Problem werden. „Er weiß nicht, an welchen Stellen es kompliziert wird“, sagt Roger Gbegnonvi, Professor und ehemaliger Bildungsminister. Darüber hinaus verkörpere er als bisheriger Premierminister Kontinuität: „Wir warten darauf, dass er abtritt.“

Denn in Yayis Amtszeit hat sich in Benin wenig getan. Das Land ist zwar stabil, in der Wirtschaftsmetropole Cotonou lächelt der Präsident zu allen möglichen Anlässen von riesigen Plakaten, doch dringende Probleme ist er nicht angegangen. Dazu gehört die hohe Jugendarbeitslosigkeit. Jeder der 33 Kandidaten verspricht, diese zu bekämpfen. Mal sollen 130.000, mal in fünf Jahren 500.000 Arbeitsplätze entstehen. Wie, das bleibt meist ein Geheimnis. Historisch ein Exporteur von Baumwolle, lebt Benin heute von seiner Nachbarschaft zu Nigeria: das nigerianische Lagos, Afrikas größte Stadt, liegt weniger als 100 Kilometer hinter der Grenze. Der Hafen Cotonou ist Westafrikas größter Umschlagplatz für Gebrauchtwagen aus Europa.

Mal sollen 130.000, mal in fünf Jahren 500.000 Arbeitsplätze entstehen. Wie, das bleibt meist ein Geheimnis.

Eine Reihe von Altpolitikern wie Abdoulaye Bio Tchané und Pascal Iréné Koukpaki tritt gegen Zinsou an. Aber sein Hauptrivale ist ein Milliardär: Patrice Talon. Der 57-Jährige gilt als der reichste Mann Benins und war jahrelang ein Vertrauter des Präsidenten Yayis.

Aber im Herbst 2012 bezichtigte Yayi ihn, Drahtzieher eines Giftmordkomplotts gegen ihn zu sein. Talon floh ins Ausland, wurde mit Haftbefehl gesucht und 2014 begnadigt. Als er seine Rückkehr nach Benin ankündigte, war schnell klar, dass Talon für das Präsidentenamt kandidieren wird. Erhält niemand die absolute Mehrheit, ist eine Stichwahl für den 20. März geplant.

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