Kampagne der Berliner Wasserbetriebe: Sparen ist the real shit

Die Berliner Wasserbetriebe haben eine Kampagne zum Wassersparen gestartet – und fürchten sich dabei vor allzu radikalen Forderungen.

Hände mit Shampooflasche unter Dusche

Den Klimawandel nass machen? Geht nur mit kürzerem Duschen

BERLIN taz | Sparen, sparen, sparen: Bewusster Verzicht auf Konsum und Energieverbrauch steht wieder ganz weit oben auf der Tagesordnung – den allgegenwärtigen Krisen sei, nun ja, Dank. Weil der Preis immer mehr, aber längst nicht alles regelt, versuchen Politik, Verwaltung und Versorgungsunternehmen, durch allerlei Angebote das Bewusstsein der VerbraucherInnen zu schärfen. Gerade hat die Senatsverwaltung für Umwelt und Klimaschutz eine Aktionswoche „Berlin spart Energie“ angekündigt. Dabei gibt es vom 10. bis 14. Oktober Beratung und Best-Practice-Beispiele: von artenschutzgerechter Hausdämmung bis zur Förderung von kommunalen Lastenrädern.

Und auch die Berliner Wasserbetriebe (BWB) rufen nach vielen Jahren mal wieder zum sparsamen Umgang mit der nassen Ressource auf. Angekündigt hatte das Unternehmen eine Kampagne schon vor einem halben Jahr – denn auf einen langjährigen deutlichen Rückgang des Trinkwasserverbrauchs nach der Wende folgt längst, auch wachstumsbedingt, ein erneuter Anstieg, während gleichzeitig längere Trockenperioden den Grundwassernachschub gefährden. Zum Teil hängt das eng miteinander zusammen, etwa wenn die heißen Sommermonate immer mehr GartenbesitzerInnen zum Kauf – und natürlich zur Befüllung – eines Pools motivieren.

Der ganz große Wurf ist die Kampagne unter dem Motto „Jeder Tropfen zählt“ vielleicht noch nicht. Kurze Spots, die auch als Kinowerbung laufen, nutzen das alte Teekesselchen-Wort „Hahn“ und lassen einen ausnehmend hässlichen Zeichentrick-Hahn (also einen mit Schnabel, Kamm und Federn) Wasser speien. Und weil die NutzerInnen beim Zähneputzen oder Duschen eben nicht ans schwindende Grundwasser denken, muss das arme Tier ganz schön röcheln und würgen. „Wasser kommt nicht aus dem Hahn“, heißt es dann noch, was irgendwie selbst in den Spots nicht stimmt, aber egal.

Beim Zähneputzen oder Einseifen besser nichts laufen lassen: solche Ratschläge hatten freilich schon in den 1980er Jahren einen gepflegten Bart. Dass jetzt wieder darauf zurückgegriffen wird, lässt einerseits darauf schließen, dass viele sich immer noch nicht daran halten – wobei das auch daran liegen kann, dass die Aufrufe zum sparsamen Umgang mit Trinkwasser selbst für einige Jahrzehnte versiegt waren. Andererseits sind sie merkwürdig unentschlossen, denn ein bisschen mehr ist ja schon drin.

Auf der Webseite der Wasserbetriebe stehen dann auch tatsächlich ein paar radikalere Ideen, wie der Alltag wasserärmer bewältigt werden kann. Zum Beispiel, dass Wannen- ein Vielfaches von Duschbädern verbrauchen und eingeschränkt werden sollten. Oder das hier: „Kleidung, die man nur einmal getragen hat, muss nicht immer gleich in die Waschmaschine. Auslüften wirkt Wunder. Flecken kann man ausbürsten und oft ohne Komplettwäsche entfernen.“ Sowieso schone es die Klamotten, wenn man sie seltener in die Maschine stopfe.

Sparen oder nicht sparen?

Das mag jetzt manche an den Waschlappen von Winfried Kretschmann erinnern. Nur: „Spar Wasser, aber mach mich schön nass“, funktioniert eben auch nicht. Seitens der BWB wiederum erahnt man eine gewisse Unentschlossenheit im Umgang mit dem Thema, wenn Gesche Grützmacher, „Chefin der Trinkwasserqualität“ im Unternehmen, nur einen Klick weiter erklärt, man müsse in Berlin nicht wie in Brandenburg zum Wassersparen aufrufen, weil „wir im Alltag ja schon im Vergleich zu früheren Zeiten eine Menge Wasser sparen“, schließlich seien „alle Haushaltsgeräte mittlerweile mit der entsprechenden Technologie ausgestattet“.

Vielleicht hat sich dieses Statement ab der nächsten Seitenaktualisierung erledigt. Grundsätzlich aber haben die Wasserbetriebe natürlich das Problem, dass sie weder Umsatzverluste machen noch bei den Preisen deutlich anziehen wollen. Und wer weniger Trinkwasser verkauft (und das entsprechende Abwasser entsorgt), verdient eben auch weniger damit. Wenn der Senat nun im Rahmen des „Masterplans Wasser“ offenbar eine Reduzierung des Pro-Kopf-Verbrauchs von 115 auf 110 Litern am Tag anstrebt, muss so ein Versorger schon anders kalkulieren. Umso besser, dass die einst privatisierten Wasserbetriebe wieder in kommunaler Hand sind.

Von einem alten Mythos kann man sich mittlerweile jedenfalls verabschieden: Die Sorge, ein zu geringer Wasserverbrauch kleistere die Kanalisation mit Sedimenten zu, hat ihre Berechtigung verloren. „Das Problem sehe ich nicht“, sagt BWB-Sprecher Stephan Natz, „das müssen wir technisch meistern, und das können wir auch.“ Jedenfalls, wie er hinzufügt, solange die BerlinerInnen „das Klo nicht mit dem Mülleimer verwechseln“. Passenderweise gibt es dazu auch schon einen Clip von den Wasserbetrieben, diesmal mit einem musikalischen Klo. Und was singt es? „I only want the real shit.“

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