piwik no script img

Kambodschas wachsende AbhängigkeitBesuch vom reichen Onkel aus China

Kambodschas autokratischer Ministerpräsident Hun Sen setzt immer mehr auf China. So muss er sich nicht länger Kritik aus dem Westen anhören.

In Schieflage: Porträt von Chinas Xi Jinping am Rande der Empfangszeremonie für ihn in Phnom Penh Foto: reuters

PHNOM PENH taz | Kamodschas Hauptstad Phnom Penh ist im Ausnahmezustand. Chinas Präsident Xi Jingping ist am Donnerstag und Freitag zu Besuch. 7.000 Soldaten sind zum Schutz des großen Bruders aus Peking vor Anschlägen und Demonstranten aufmarschiert. Doch dem Kleinunternehmer Rith, der lieber nur bei seinem Vornamen genannt werden möchte, missfällt die immer engere Beziehung zu China unter Kamobdschas Premierminister Hun Sen.

Dabei bekümmert den 32-jährigen Rith nicht, dass die Chinesen einst besten Freunde der mörderischen Roten Khmer waren. Auch stört ihn nicht so sehr, dass Chinas Präsident Xi es wie sein Gastgeber Hun Sen mit den Menschenrechten nicht so genau nimmt. Aber Rith hat Angst vor wirtschaftlicher Dominanz der Chinesen.

„Chinesische Investoren haben viel Geld. Sie verdrängen Investoren aus Vietnam, Malaysia und anderen Ländern. Das ist nicht gut,“ sagt Rith. So flossen aus Vietnam, dem einstigen Top-Investor, in diesem Jahr überhaupt keine Investitionen mehr.

Im Visier von Pekings Freundschaftsoffensive in Südostasien sind vor allem die beiden kleinen, armen Länder Laos und Kambodscha. Die werden von den Chinesen mit Milliarden Dollar überschüttet.

Geld gegen Wohlgefallen

Dafür verlangt Peking absolute Gefolgschaft. „Sie spalten so die südostastische Gemeinschaft Asean“, sagt Naly Pilorge von der kambodschanischen Bürgerrechtsorganisation LICADHO.

Nachdem eine Asean-Erklärung zu Pekings Machtanspruch im südchinesischen Meer am Veto Kambodschas gescheitert war, versprach China Phnom Penh 600 Millionen Dollar Entwicklungshilfe, zahlbar bis 2018. „2018 finden Parlamentswahlen statt und ein Jahr zuvor Kommunalwahlen. Das ist doch kein Zufall“, meint Naly Pilorge. Damit könne Hun Sen Wohltaten verteilen und Wähler kaufen.

China hat Kambodscha niemals befohlen etwas zu tun

Hun Sen, Ministerpräsident

Kurz nach der Drohung des Europaparlaments, wegen der Unterdrückung von Regimekritikern die Finanzhilfen für Kambodscha überprüfen zu wollen, pries Hun Sen die Freundschaft mit den Chinesen. China habe „Kambodscha niemals befohlen etwas zu tun“, sagte Hun Sen kürzlich unter Anspielung auf westliche Finanzhilfen, die an Menschenrechte und Korruptionsbekämpfung geknüpft sind.

Zweierlei Maß

Für Pilorge ist Kambodschas Schützenhilfe für Chinas Hegemonieanspruch im Südchinesischen Meer ein Witz. „Hun Sen ignoriert geflissentlich das Urteil des internationalen Schiedshofs gegen China. Als aber der Internationale Gerichtshof zugunsten Kambodschas im Streit um den Tempel Preah Vihear entschied, verlangte Hun Sen von Thailand die Annerkennung des Urteils.“

Xi hat jetzt jetzt das Scheckbuch mitgebracht. 26 Verträge über Investitionen und Darlehen sollen unterschrieben werden. Rith hätte vielleicht gar nichts gegen die Milliarden, wenn sie für Verbesserungen der Infrastruktur und zur Förderung des Tourismus eingesetzt würden. „Aber das meiste landet sicher wieder in den Taschen korrupter Politiker“, seufzt Rith.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Wo hatte ein wesentlicher Teil der jüngeren chinesischen Eliten gleich nochmal studiert?

     

    Das kommt davon, schätze ich, wenn eine Führungsmacht moralisch eher verführt. Uns Deutschen sollte das, was da geschildert wird, im Übrigen bekannt vorkommen. Und zwar aus unserer eigenen Geschichte.

     

    Der eine Teil unseres Landes wurde, arm und kriegszerstört wie es nun einmal war aus eigener Schuld, nach 1945 von „den Russen“ mit Befehlen traktiert. Der andere Teil, ebenso kaputt und pleite, wurde mit „westlichem“ Geld geflutet. Wer sich seiner Gefolgschaft sicherer sein konnte, war spätestens ab 1989 nicht mehr zu übersehen.

     

    Die Deutsch-Sowjetische „Freundschaft“ hat die Wende keine zwei Wochen überdauert. Die Deutsch-Amerikanische „lebt“ immer noch, trotz Hegemonialanspruch und gewisser Ungereimtheiten in der Verteilung der Finanzmittel. Zweierlei Maß – ich finde, dass gerade Deutsche keinen Grund haben, irgend jemandem in dem Punkt etwas vorzuwerfen.

     

    „Der Westen“ insgesamt muss eigentlich die Klappe halten. Geltende Regeln dann zu ignorieren, wenn es gerade besser passt, und sich bei anderer Gelegenheit wieder drauf zu berufen, ist hier quasi ein Volkssport.

     

    Überhaupt wäre es vermutlich hilfreich, wenn Leute, die ihre Finanzhilfe an die Einhaltung der Menschenrechte und die Korruptionsbekämpfung knüpfen, selbst untadelige Vorbilder wäre auf diesen Gebieten. Nicht, weil die mit Geld bedachten Herrschenden dann in sich gehen und sich schämen würden, sondern weil die Beherrschten sich dann vielleicht eine andere, eine ehrlichere Regierung wünschen täten.

  • Man muss das ganze mal global sehen.

     

    Die meisten Länder sind quasi Vasallen von Mittel - oder Großmächten. Merkel tourt durch Afrika, weil sie die Idee der "Koalition der Willigen" unter ihrer Führung noch nicht ganz aufgegeben hat. Die USA unterstützen gerade Syrien, Jemen, Libyen, etc. beim Aufbau einer westlichen Demokratie. Die Russen setzen sich aktiv für das Selbstbestimmungsrecht der Ostukraine und der Syrer ein.

     

    Bei all diesen schönen Ausblicken in eine friedliche Zukunft einer schönen neuen Welt bleibt als einziger Lichtblick und Hoffnungsschimmer eigentlich nur China übrig. China verfolgt sicher auch nur eigene Interessen. Allerdings scheint die Fähigkeit zur Vernunft bei den Chinesen signifikant ausgeprägter zu sein, als bei anderen Führungsmächten. Die kriegerischen Aktionen der Chinesen sind im Vergleich zu allen anderen jedenfalls noch relativ erträglich.