Kämpfe in Zentralafrikas Hauptstadt: In Bangui schießen jetzt alle

In der Hauptstadt Zentralfrikas morden Milizen trotz der Präsenz der französischen Armee. Und auch die Eingreiftruppen beschießen einander.

Ein Mitglied der Anti-Balaka hält ein Messer während er vom Mord an einem Muslimen erzählt. Bild: ap

BERLIN taz | Die zentralafrikanische Hauptstadt Bangui ist zu Weihnachten von den schwersten Kämpfen seit Beginn der französischen Militärintervention am 5. Dezember erschüttert worden. Christliche Milizionäre, die dem früheren Präsidenten François Bozizé nahestehen, griffen am 25. Dezember mehrere Stadtteile an, berichteten Journalisten vor Ort.

Die sogenannten Anti-Balaka (Gegen die Macheten) gingen zum wiederholten Male gegen die muslimische Minderheit vor, die den derzeitigen Präsidenten Michel Djotodia und dessen Armee Séléka (Allianz) unterstützt. Am Donnerstag meldete das Rote Kreuz, es habe 44 Leichen von den Straßen eingesammelt, auf denen das französische Militär massiv ausschwärme.

Die Anti-Balaka sehen sich als Gewinner der Militärintervention Frankreichs, das mit mittlerweile 1.600 Soldaten in der Zentralafrikanischen Republik präsent ist, offiziell zur Unterstützung einer afrikanischen Friedenstruppe. Während die Franzosen nach offiziellen Angaben 95 Prozent der als Regierungsarmee auftretenden Séléka-Kämpfer entwaffnet beziehungsweise kaserniert haben, sind die Anti-Balaka weitgehend ungeschoren davongekommen.

So treten sie immer ungenierter auf und begehen fast täglich ungesühnte Morde an Muslimen. Als Reaktion darauf tritt jetzt auch Séléka wieder verstärkt in Erscheinung und organisiert seit knapp einer Woche Demonstrationen gegen Frankreich, worauf wiederum die Anti-Balaka mit Angriffen reagieren.

Auch die Eingreiftruppen entkommen dieser Polarisierung nicht. Soldaten aus Burundi, ein christliches Land, und Tschad, ein muslimisches Land, haben am Dienstag aufeinander geschossen. Am Mittwoch wurden bei der Anti-Balaka-Offensive fünf tschadische Soldaten getötet. Inzwischen soll das tschadische Kontingent aus Bangui nach Norden abgezogen werden.

Ein halbes Dutzend Straßensperren

Bangui entgleitet somit zunehmend jeglicher Kontrolle. Präsident Djotodia appellierte in seiner Weihnachtsansprache zwar an seine Landsleute, „einander zu lieben“, wie es Bibel und Koran vorschrieben. Auch der Imam von Bangui und der katholische Erzbischof riefen zu Frieden auf.

Aber die Realität sieht anders aus. Der französische Journalist Juan Branco beschreibt, wie er am Heiligabend, also am Vorabend des Anti-Balaka-Großangriffs, mit einem Konvoi des UN-Kinderhilfswerks Unicef in die Hauptstadt hineinfuhr: „Die Einwohner der muslimischen Stadtviertel haben ein halbes Dutzend Straßensperren errichtet. Eine Menschenmenge mit Kalaschnikows, Macheten und Pfeil und Bogen umringt die Fahrzeuge.“

Erst nach dreieinhalb Stunden hätten schließlich Soldaten aus Kamerun durch Gespräche die Straße freibekommen – „dreieinhalb Stunden, während derer die französische Armee es nicht schafft, einen Medikamentenkonvoi die einzige Einfahrt nach Bangui passieren zu lassen. Am nächsten Tag liegen an genau dieser Straße den ganzen Vormittag lang Körperteile von Muslimen, die mit Macheten zerhackt worden sind.

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