Kabinett Trump II: Loyalität vor Kompetenz
Was die ersten Personalentscheidungen von Donald Trump für die Zukunft der USA bedeuten. Die taz stellt das Gruselkabinett in einer Bildergalerie vor.
Es ist ein gewaltiges Tempo, das der designierte US-Präsident Donald Trump bei seinen Personalentscheidungen an den Tag legt. Nur acht Tage nach der Verkündung seines Wahlsieges hat er für ein gutes Dutzend Top-Positionen seine Nominierungen bekanntgegeben.
Insbesondere drei Entscheidungen haben in Washington eingeschlagen wie Atombomben: Fox-News-Moderator Pete Hegseth als Verteidigungsminister, Putinversteherin Tulsi Gabbard als Geheimdienstkoordinatorin, und die Krönung: Scharfmacher und wegen mutmaßlicher Sexualvergehen belangter Matt Gaetz als Justizminister bzw. Generalstaatsanwalt – damit hatte dann doch niemand gerechnet. Impfschwurbler Robert F. Kennedy Jr. als Gesundheitsminister fällt zwar auch in die Kategorie des eigentlich Undenkbaren, diese Entscheidung hatte sich aber in den letzten Wochen bereits angekündigt.
Mit diesen Nominierungen sendet Trump eine Reihe von Botschaften. Zuallererst: Absolute Loyalität steht als Entscheidungsfaktor meilenweit vor fachlicher Kompetenz. Um entlang dieser Maxime sein Kabinett aufzustellen, hat er inzwischen genug Kenntnis und Auswahlmöglichkeiten – anders als in seiner ersten Amtszeit, als er auf politischer Bühne noch ein Neuling war und in der Republikanischen Partei ein Fremdkörper.
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Die zweite Botschaft ist mit der ersten verbunden, und sie geht an die Republikaner*innen im Senat, die seine Nominierungen nun bestätigen müssen oder einfach durchwinken. Sie lautet: Ihr wisst, was euch blüht, wenn ihr mir widersprecht. Deshalb wird Elise Stefanik zur UN-Botschafterin, jene Abgeordnete, die im Repräsentantenhaus Liz Cheney von der Spitze der Republican Conference verdrängte, nachdem Cheney sich im Amtsenthebungsverfahren gegen Trump gestellt hatte.
Der Horrorclown und sein Kabinett des Grauens
Stefanik, Trumps lautestes Sprachrohr, wird jetzt belohnt, genau wie Matt Gaetz, der für den Sturz des republikanischen Sprechers Kevin McCarthy gesorgt hatte. Dass Gaetz ein auch in den eigenen Reihen unbeliebter Hetzer ist, der durch die Nominierung nun ziemlich sicher auch der Bloßstellung durch den Ethik-Ausschuss des Repräsentantenhauses wegen Sex mit Minderjährigen, Drogenvergehens und Menschenhandel entgeht – egal.
Radikal, empathielos und menschenverachtend
Viele sehen gerade Gaetz’ Nominierung als letzten Beweis dafür an, dass Trump die Justiz zu seinem persönlichen Vendetta gegen alle machen will, die ihm in den letzten Jahren widersprochen oder das Leben schwergemacht haben. Trump ist das gerade recht. Sollen sie Angst haben.
Trump weiß, wie unmöglich diese Nominierungen sind. Er benutzt sie als Disziplinierungsinstrument gegen alle republikanischen Abgeordneten und Senatoren. Sie sollen die gleiche Entscheidung treffen, die er ihnen aufzwingt, seit er vor über acht Jahren auf die politische Bühne trat: Mit Anstand ins Karriereende, oder mit Loyalität und eine goldene Zukunft.
Seiner überzeugten Basis, die das Maga-Käppi wie das Zugehörigkeitszeichen einer Sekte auf dem Haupt trägt, zeigt Trump mit seinen Personalentscheidungen, auch jetzt, wo er wieder an der Macht ist, nicht vor den Institutionen einzuknicken, sondern sich strikt an seine Aussagen und Versprechen aus dem Wahlkampf zu halten. Deshalb wird jemand, der so radikal, empathielos und menschenverachtend argumentiert wie Thomas Homan zum „Grenz-Zaren“, der gemeinsam mit Vize-Stabschef Stephen Miller und der frisch gekürten Heimatschutzministerin Kristi Noem tatsächlich davon schwadroniert, Millionen Menschen abschieben zu wollen.
Letztlich wird das so nicht passieren: Über 80 Prozent der über 11 Millionen Ausländer*innen ohne gültige Papiere in den USA leben seit weit über zehn Jahren im Land. Sie arbeiten, haben Kinder, die über die US-amerikanische Staatsbürgerschaft verfügen, sie sind in Nachbarschaften integriert, zahlen Steuern und Sozialbeiträge. Würden sie tatsächlich zum Gegenstand massenhafter, mit Gewalt durchgesetzter Deportationen, würde das die Gesellschaft zerreißen – und massiven ökonomischen Schaden anrichten. Am Peterson Institute for International Economics gehen Wissenschaftlerinnen für so einen Fall von einem Einbruch des Bruttoinlandsproduktes um 7 Prozentpunkte aus, von höherer Arbeitslosigkeit und steigender Inflation.
Trumps Strategie dürfte insofern so ähnlich ausfallen wie in der ersten Amtszeit, als er den Bau einer Mauer zu Mexiko ankündigte, die noch dazu Mexiko bezahlen sollte. Entstanden sind dann nur wenige Kilometer Grenzzaun, die vom US-Steuerzahler finanziert wurden. Aber Trump hatte mit Mauer und Einreisesperre für Menschen aus bestimmten muslimischen Ländern so viel Lärm gemacht, dass er schlicht den Sieg auf ganzer Linie verkündete und niemand mehr so genau hinschaute.
Nominierte unterstützen israelische Annexionsvorstellungen
Außenpolitisch lassen sich aus den bisherigen Nominierungen mehrere Tendenzen ablesen. Im Gazakrieg wird ab dem 20. Januar die Zeit vorbei sein, in der Israel zwar weiter Waffen bekommt, aber sich auch aus Washington Mahnungen anhören muss, das Völkerrecht zu achten. Denn sowohl der designierte Außenminister Marco Rubio – die traditionellste aller bisherigen Nominierungen – als auch Sicherheitsberater Mike Waltz, UN-Botschafterin Elise Stefanik und erst recht der designierte US-Botschafter in Israel, Mike Huckabee: sie alle unterstützen die Annexionsvorstellungen Israels in Bezug auf das Westjordanland, die in aller Regel hinter der Formel „israelische Souveränität“ versteckt wird. Und sie alle sehen das Eindämmen des iranischen Einflusses als eine der wichtigsten Prioritäten von US-Außen- und Sicherheitspolitik nicht nur im Nahen Osten, getoppt lediglich von der Auseinandersetzung mit China. Die Zukunft der Ukraine hingegen spielt eine absolut untergeordnete Rolle.
Zwei Monate vor der Amtsübernahme am 20. Januar ist die kommende Trump-Regierung deutlich besser vorbereitet als 2016. Liest man die verschiedenen Programme, steht nichts weniger bevor als eine Art epischer Endkampf gegen die Macht der Institutionen Washingtons, die Trump mit der Allianz aus Weißem Haus, Repräsentantenhaus, Senat und Oberstem Gerichtshof ein für alle Mal brechen will. Der Kampf um die Zustimmung zu seinen Nominierungen soll die letzten womöglich noch vorhandenen Widerstandsnester im republikanischen Lager identifizieren – und wenn das geschafft ist, können die Tech-Milliardäre dieser Welt endgültig machen, was sie wollen.
Ob diese düstere Vision tatsächlich so eintritt, wird auch an der gesellschaftlichen Reaktion liegen. Denn so klar wie Trumps Wahlsieg auch war: Fast die Hälfte des Landes will absolut nichts von alledem, was da jetzt in Vorbereitung ist.
Trump hat ein Mandat zum Regieren, und große Teile seiner Wähler*innenschaft hoffen darauf, dass es ihnen unter seiner Regierung besser geht. Aber den Auftrag oder auch nur die Erlaubnis, alles in Klump zu hauen, wie es Trumps Ideologen rund um die Heritage Foundation, Stephen Miller, Steve Bannon und die Alt-Right-Bewegung verstehen, haben sie ihm nicht gegeben.
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