piwik no script img

KRISECDU-Mann kandidiert für die SPD

Wilfried Bosse, jahrelang CDU-Beiratssprecher, kandidiert für die Huchtinger SPD. In Schwachhausen wird der Vorsitzenden parteischädigendes Verhalten vorgeworfen.

"Richtig gute Partei" ist das Markenzeichen der CDU Bild: kawe

Wilfried Bosse, seit 1976 CDU-Mitglied und seit Jahren Sprecher der CDU-Fraktion im Huchtinger Beirat, wird im kommenden Frühjahr Wahlkampf für die SPD-Liste machen: Die örtliche SPD nominierte ihn gester als Parteilosen für Platz sechs ihrer Liste. Bosse war vergangene Woche aus der CDU ausgetreten.

"Ich muss hier in Huchting einen guten Namen haben", erklärt Bosse die Tatsache, dass die SPD ihm dieses Angebot gemacht hat. Dass er dafür Mitglied werden müsse, habe die SPD "nie von mir erwartet". Er will einen "persönlichen Wahlkampf" machen, auch schon als Mitglied der CDU habe er seine eigene Meinung gehabt: "Ich bin Wilfried Bosse", sagt er, und er werde im Beirat wie bisher "sach- und zielorientiert" für Huchting wirken.

Da die SPD dort derzeit sieben Sitze hat, wäre Platz 6 einigermaßen sicher - das neue Wahlrecht erlaubt aber auch personenorientierte Stimmabgaben. Als Vorsitzender des Huchtinger Bürger- und Sozialzentrums (BuS) könnte er auch mit persönlichen Stimmen gewählt werden. Sükrü Senkal, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Huchting, hatte Bosse angesprochen - "weil ich seine Arbeit schätze". Bosse sei "eine über alle Parteigrenzen hinaus im Stadtteil anerkannte und geschätzte Person".

Das Engagement von Bosse für die SPD ist ein weiterer Rückschlag für die CDU-Parteiführung um Thomas Röwekamp und Rita Mohr-Lüllmann. Während die Parteispitze auf interne Beratungen in den nächsten Tagen verweist, hat der gemobbte frühere Bausenator Jens Eckhoff, inzwischen Vorsitzender des Stadtbezirks Mitte, öffentlich ausgeplaudert, was intern gemunkelt wird: "Es ist wichtig, dass am 1. Dezember die gesamte Partei hinter Spitzenkandidatin Rita Mohr-Lüllmann steht." Das erklärte er in der Bild-Zeitung. Den derzeitigen Parteivorsitzenden Thomas Röwekamp hatte er schon früher für die desolate Lage der Partei verantwortlich gemacht - "das gemeinsame Ziel und persönliche Bindungen scheinen zu fehlen", so Eckhoff.

So hatte die Parteispitze - auch der Jurist Röwekamp - im Streit um die Nominierung von Kandidaten für die Bürgerschaftswahlen noch auf dem jüngsten CDU-Parteitag eine Zählweise gerechtfertigt, die nun vom Schiedsgericht der Partei kassiert wurde. Wolfgang Schrörs zum Beispiel, der Schatzmeister der Partei, gegen den offenbar im Stadtbezirk Schwachhausen mobilisiert wurde, muss nun doch als "vorgeschlagen" behandelt werden. Der Vorsitzenden des Stadtbezirks Schwachhausen, Susanne Grobien, wird nachgesagt, sie wolle Schrörs Posten als Schatzmeister übernehmen. Grobien und Mohr-Lüllmann hatten durchgesetzt, dass Schrörs nach der Abstimmung zunächst als "nicht vorgeschlagen" erklärt wurde.

Nun hat Grobien in ihrem Schwachhauser Vorstand Gegenwind bekommen. Die Mehrheit der Vorstandsmitglieder sprach ihr "im Hinblick auf die Vorgehensweise bei der Vorbereitung und Durchführung" der Versammlung zur Kandidaten-Kür Anfang Oktober eine "Missbilligung" aus. Obwohl im Vorstand einstimmig auch Schrörs auf die Liste der Kandidaten gesetzt worden war, wird Grobien nachgesagt, sie habe gegen Schrörs mobilisiert. Rita Mohr-Lüllmann hatte ihre beiden Söhne, die in München studieren, zu der Wahlversammlung mitgebracht.

Bernt Schulte, der frühere CDU-Bausenator, formulierte es knallhart: Die Stadtbezirksvorsitzende Susanne Grobien habe "politisch nicht nur unserem Verband, sondern der gesamten CDU in Bremen geschadet. Das ist neben den juristischen Fragen für mich der eigentliche politische Skandal."

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!