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Justiz in IndienAlte Anzeige bedroht Arundhati Roy

Die regierungskritische indische Schriftstellerin Arundhati Roy ist mit einer Anzeige von 2010 wegen einer Äußerung von ihr zu Kashmir konfrontiert.

Schriftstellerin Arundhati Roy Foto: Magnus Wennaman/Aftonbladet/imago

Mumbai taz | „Kaschmir war nie ein fester Bestandteil Indiens.“ Dieser Satz über die umstrittene Himalaya-Region könnte der indischen Schriftstellerin Arundhati Roy noch Jahre später zum Verhängnis werden. Er war Teil einer Rede auf einer Menschenrechtskonferenz in Delhi 2010 und sorgte schon damals für Aufsehen. Ein Kaschmirer erstattete damals bei der Polizei Anzeige gegen Roy und weitere Personen wegen „provokativer Reden“. Er behauptete, die Konferenz propagiere die „Abspaltung Kaschmirs von Indien“. Doch versandeten die Ermittlungen.

Überraschend ermächtigte diese Woche der Gouverneurleutnant Vinai Kumar Saxena, ein hoher Beamter in Delhi, der Polizei gegen Roy und den kaschmirischen Professor Sheikh Showkat Hussain, Anklage zu erheben – wegen mutmaßlicher Förderung von Feindseligkeiten, Äußerungen zum Schaden der nationalen Einheit sowie Unruhestiftung.

Die jahrelang vergessene Anzeige wegen „Volksverhetzung“ wiegt schwer gegen die 61-Jährige. „Sie versuchen, mich zu schwächen“, sagte Roy 2011 dem Guardian. Laut einem Medienbericht könnte ihr eine siebenjährige Haftstrafe drohen.

Sie ist eine Kritikerin der indischen Politik, vor allem im Hinblick auf Kaschmir. Der Bundesstaat wurde 2019 in zwei Unionsterritorien geteilt und verlor seine Autonomierechte. Roy ist international durch ihren Debütroman „Der Gott der kleinen Dinge“ bekannt, für den sie 1997 den Booker Prize erhielt. Zur Einleitung des Strafverfahrens hat sich sie sich bisher nicht geäußert.

Menschenrechtsaktivist: Regierung muss verzweifelt sein

Der Schritt der Justiz stößt aber bereits auf Widerstand. Nicht nur von Kolleginnen wie der Autorin Meena Kandasamy. Sie warnt Premier Narendra Modi von der hindunationalistischen Regierungspartei BJP auf der Plattform X, dass dieses Vorgehen das nationale wie internationale Ansehen der Regierung beschädigen könne.

Der Menschenrechtsaktivist Harsh Mander schließt sich Kandasamy an. Dass sich die Regierung auf eine alte Rede berufe, zeuge von ihrer Verzweiflung und Angst vor der Wahrheit, die Roy ausspreche, twitterte er.

Unterstützend äußerten sich auch die kanadische Autorin Naomi Klein und der griechische Ex-Finanzminister Yanis Varoufakis. Die Kolumnistin Swati Chaturvedi fragt: „Wie schwach ist die Mutter der Demokratie, wenn ihre Schultern nicht breit genug sind, um die Worte von Arundhati Roy zu verkraften?“

Zwar habe Roy mit ihren Aussagen zu Kaschmir provoziert und viele In­de­r:in­nen verärgert, aber die Geschichte habe gezeigt, dass sie keine Bedrohung darstellt, erklärte das indische Onlinemedium The Print und sprach voneiner „Hexenjagd“. Erst jüngst hatte Roy die schwindende Pressefreiheit in Indien beklagt.

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