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Juso-Chef über BKA-Gesetz"Wir mussten keine Türen eintreten"

Unter dem Landesvorsitzenden der Jusos wurde die Online-Durchsuchung gekippt. Holger Mann über Erfolgsgefühle, die Generationenfrage und Sensibilität gegenüber Stasi 2.0.

Ist jetzt fürs BKA verboten: Online-Durchsuchungen. Bild: dpa

taz: Herr Mann, wie fühlt man sich als derjenige, der das BKA-Gesetz gestoppt hat?

privat

Holger Mann, 29, ist seit vier Jahren Landesvorsitzender der Jusos in Sachsen. Er sitzt außerdem im Landesvorstand der SPD. Sein Geld verdient er als Geschäftsführer einer Entwicklungsgesellschaft im Leipziger Neuseenland.

DIE STREITPUNKTE

Mit dem BKA-Gesetz würde das Bundeskriminalamt zu einer Art deutschem FBI ausgebaut werden. Die Superbehörde wäre dann nicht mehr nur für die Strafverfolgung zuständig, sondern könnte künftig zur Terrorabwehr auch präventiv tätig werden.

Der umstrittenste Teil des vom Bundestag bereits verabschiedeten Gesetzes ist die sogenannte Onlinedurchsuchung, also das heimliche Ausspähen von Computern mithilfe eines Spionageprogramms ("Bundestrojaner"). Im Eilfall könnte der BKA-Chef die Durchsuchung auch ohne richterlichen Beschluss anordnen.

Das BKA dürfte nach dem Gesetz in Zukunft auch die Wohnungen von Verdächtigen abhören, filmen oder fotografieren. Dieser große Lauschangriff wäre auch möglich, wenn sich die Verdächtigen in einer fremden Wohnung aufhalten.

Abgeordnete, Geistliche und Strafverteidiger sind von der Überwachung ausgenommen. Doch während diese geschützten Berufsgruppen auch weiterhin das volle Zeugnisverweigerungsrecht genießen sollen, müssten Journalisten und Ärzte bei großer Gefahr Details über ihre Informanten und Patienten preisgeben.

Holger Mann: Es ist ja noch nicht endgültig gestoppt, aber wir haben den Vormarsch bremsen können. Das BKA-Gesetz darf in seiner bisherigen Form nicht verabschiedet werden, denn es verstößt eklatant gegen Freiheits- und Bürgerrechte. Wir haben eines klar gezeigt: die Online-Durchsuchung muss aus diesem Gesetz verschwinden. Sonst wird es von der SPD Sachsen nicht mitgetragen. Und ja, wir sind froh darauf, Einfluß nehmen zu können.

Die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat sind denkbar knapp. War Ihnen das klar?

Natürlich, wir sind ja keine Geisterfahrer. Wir wussten durchaus, welche Relevanz unser Antrag gegen die Verschärfung von Sicherheitsgesetzen hatte. Der Antrag hat zwar einen langen Vorlauf und war entstanden, als die Diskussion um das BKA-Gesetz noch nicht so weit gediehen war wie jetzt. So wenden wir uns darin auch gegen den Einsatz der Bundeswehr im Inneren oder das Luftsicherheitsgesetz. Aber an diesem Wochenende ging es um die Online-Durchsuchung und damit das BKA-Gesetz. Und wir haben uns nach Kräften bemüht, hier ein Signal zu setzen.

Aus der sächsischen SPD-Fraktion hieß es neulich noch, man werde dem Gesetz wohl zustimmen. Haben Sie ihre Partei überrumpelt?

Nein. Tatsache ist, dass diese Frage bis zum Wochenende diskutiert worden ist. Es gab noch keine Festlegung, auch keinen Beschluss des Kabinetts oder eines anderen Gremiums. Im Gegenteil: Der Landesvorsitzende Thomas Jurk hat an diesem Gesetz gezweifelt. Er ist gelernter Funkmechaniker und überzeugter Internetnutzer und weiß daher die Gefahren der Online-Durchsuchung einzuschätzen. Es mag also andere Meinungen gegeben haben, aber die Partei hat sehr klar gegen weitere Einschränkungen bei Freiheits- und Bürgerrechten entschieden. Wir mussten keine Türen eintreten. Die standen uns offen.

Die SPD hat sich in letzter Zeit nicht gerade als Bürgerrechtspartei profiliert. Wollen Sie einen anderen Kurs?

Wer die Jusos kennt, weiß, dass die meisten sich gegen eine weitere Beschneidung der Freiheitsrechte einsetzen. Das ist vielleicht auch eine Generationenfrage. Junge SPDler nutzen das Internet genauso stark wie andere Menschen in ihrem Alter. Die möchten nicht, dass der Staat ihnen beim Surfen über die Schulter guckt. Und für uns im Osten gilt ohnehin, dass wir gegenüber staatlicher Überwachung noch ein Stück sensibler sind. Stasi 2.0 ist mit uns einfach nicht zu machen.

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Dieter Wiefelspütz sagte, er sei enttäuscht von der Entscheidung der SPD in Sachsen. Sind Sie enttäuscht vom Kurs der SPD in Berlin?

So würde ich das nicht sagen. Wir sind eine Partei mit einem breiten Meinungsspektrum. So haben uns viele Juristen und Sicherheitsexperten der Bundes- und Landesebene bei unserem Vorhaben ermutigt. Jetzt muss eben gemeinsam geschaut werden wie es weitergehen soll.

Wie sollte es denn Ihrer Meinung nach weitergehen?

Nun ja, das Gesetz muss jetzt wohl in den Vermittlungsausschuss. Dann sollte die Online-Untersuchung daraus verschwinden. Alles Weitere ist Verhandlungssache, aber dafür sind die zuständig, die das den ganzen Tag machen können.

INTERVIEW: DANIEL SCHULZ

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1 Kommentar

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  • GR
    Gerald Riese

    Junge SPDler nutzen das Internet genauso stark wie andere Menschen in ihrem Alter. Die möchten nicht, dass der Staat ihnen beim Surfen über die Schulter guckt.

     

    Ganz genau, der Mann hat es verstanden!

     

    Unbeteiligte und ahnungslose Politiker sollen sich bitte aus Internet und Telekommunikation heraushalten. Nicht durch staatliche Kontrolle und Überwachung ist das Internet so erfolgreich gediehen, sondern gerade durch ihr Fehlen!

     

    Wir brauchen kein Bundeskriminalpräventions- und überwachungsamt!