„Jungle World“-Gründer Behnken tot: Der Anti-Chef
Er gehörte zu einer raren Spezies von Chefredakteuren. Nun ist Klaus Behnken, Gründer der „Jungle World“, gestorben.
Er trat nicht gern an die Öffentlichkeit. Weder als Zeitungsmacher noch als Kommentator. Damit gehörte Klaus Behnken zu einer raren Spezies von Chefredakteuren. Nicht, dass er nichts zu sagen gehabt hätte – er redete in der Redaktionssitzung und auf den Fluren der jungen Welt in allen Lautstärken. Jeden Text las er selbst, Arbeit abzugeben lag ihm fern.
Vielleicht lag es daran, dass er spät zum Journalismus gekommen war. Dabei war er ein hochpolitischer Mensch, 1968 im SDS an vorderster Front. Nach einer Sitzblockade bei den Vietnam-Protesten wurde er zu drei Monaten ohne Bewährung verurteilt. Sein Studium schloss er nie ab, er wurde Lektor und spielte 1991 in dem Film „Der zynische Körper“ die Hauptrolle.
1994 kam Behnken als Leiter des Kulturressorts zur jungen Welt. Als die Eigentümer sie im Jahr darauf einstellten, versuchte er mit anderen Redakteuren den Neustart und übernahm die Chefredaktion. Seine Leitplanke war die taz: Sie sollte im Osten aus dem Markt gedrängt werden, im Westen wollte er jene Linken einbinden, denen die taz zu wenig radikal war. In der Redaktion arbeiteten neben gelernten Journalisten Ex-Hausbesetzer und andere Linksradikale. Unter Behnken stiegen die Abozahlen erstmals seit der Wende.
1997 stellte die Geschäftsführung die Redaktion vor die Wahl: Behnken raus oder alle – und versandte Kündigungen, als diese als Antwort die Redaktionsräume besetzte. Behnken war die treibende Kraft bei der Gründung der Wochenzeitung Jungle World, die zunächst als Streikzeitung erschien. Dort wurde er Chef vom Dienst in der sonst cheflosen Zeitung.
2011 erkrankte der ambitionierte Roth-Händle-Raucher an Lungenkrebs. Zuletzt schien er die Krankheit besiegt zu haben. Doch am Mittwoch ist er 72-jährig an den Folgen einer Lungenembolie gestorben.
Die Autorin war Behnkens Stellvertreterin bei „Junge Welt“.
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