Jung stockt Truppen auf: 1000 für Afghanistan
Der Verteidigungsminister will die Bundeswehr-Präsenz in Afghanistan um knapp ein Drittel ausweiten. So soll laut Jung die Flexibilität der Afghanistan-Schutzgruppe erhöht werden.
1.000 zusätzliche Soldaten will Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) nach Afghanistan schicken können. Nach Monaten des Lavierens trat Jung am Dienstag früh mit dem Generalinspekteur der Bundeswehr Wolfgang Schneiderhan vor die Presse und erklärte, die Obergrenze des ISAF-Mandats solle im Oktober vom Bundestag von 3.500 auf 4.500 erhöht werden.
Er folge darin dem Rat Schneiderhans und habe sich mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und zuständigen Parlamentariern verständigt. Ausnahmsweise solle das Mandat eine Laufzeit von 14 statt 12 Monaten bekommen, weil die nächste Verlängerung sonst zu bald nach der Bundestagswahl 2009 nötig wäre. "Eine Obergrenze von 4.500 heißt nicht, dass die dann auch im Einsatz sind", sagte Jung. Es gehe um Planungsspielräume.
Das Terrorbekämpfungs-Mandat OEF (Operation Enduring Freedom) soll gleichzeitig von 1.400 auf 800 verringert werden, sagte Jung. Diese Verkürzung betrifft jedoch nicht die rund 100 in Afghanistan abrufbereiten Soldaten des Kommandos Spezialkräfte KSK, sondern den Mittelmeereinsatz.
Der Generalinspekteur, von dem es heißt, er habe seine Verstärkungsbitten dem Minister schon längst vorgetragen, sagte, die Aufstockung enspreche den schwieriger gewordenen Bedingungen auch im Norden Afghanistans. "In Afghanistan sind die Dinge im Fluss", sagte Schneiderhan. Die Prognose darüber, was bis Dezember 2009 gebraucht werde, bedeute "Filigranarbeit".
Die Faktoren dafür zählte Jung auf. Gegenwärtig seien 3.492 Leute im Einsatz: "Jeder Kontingentwechsel führt zu Überschreitungen". Die Bundeswehr wolle mehr afghanische Soldaten ausbilden, so dass die zuständigen Einheiten im kommenden Jahr 7.500 afghanische Soldaten betreuen. 2009 seien auch in Afghanistan Wahlen - das bedeutet höhere Sicherheitsanforderungen. Dänische und tschechische Truppen seien nach Süden und Osten verschoben worden, "das muss ersetzt werden". Schließlich stelle die Bundeswehr ab dem 1. Juli auch die schnelle Eingreiftruppe, und habe außerdem schon 200 zusätzliche Soldaten nach Kundus geschickt, das seit dem Winter angegriffen wurde.
Mit der Zustimmung des Bundestags im Oktober darf gerechnet werden - seitens Union und SPD gab es gestern keine Einwände. Für die SPD-Linke erklärte deren Außenpolitiker Niels Annen, Jungs Plan sei "in Ordnung". Die Linksfraktion lehnte die Aufstockung wie den Einsatz insgesamt ab. Von der FDP kam Kritik: Sicherheitspolitikerin Birgit Homburger vermisste eine "schlüssige Erklärung" für die Aufstockung.
Auch die Grünen stellten noch kein Ja in Aussicht. Der Verteidigungsexperte Winfried Nachtwei erklärte zwar, die militärische Begründung sei "plausibel und nachvollziehbar". Doch politisch werde erneut der Verdacht bestärkt, "dass man da immer weiter in den Schlamassel gerät." Es bedürfe einer Zwischenbilanz des Einsatzes. Um den zivilen Aufbau zu stärken, "müsste man die zivilen Kapazitäten im Mandat benennen", schlug Nachtwei vor. Sein Fraktionskollege Winfried Hermann sagte: "Das ist kein Strategiewechsel. Ich werde sagen: ,Leute, wir können einer weiteren Erhöhung nicht zustimmen'."
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