Jugendlicher Flüchtling: Alter unbekannt
Ein Flüchtling streitet sich mit der Ausländerbehörde: Ist er zu jung und zu krank für Verlegung nach Trier?
Im Januar 2008 musste der junge Guineer aus der Hauptstadt Conakry in Westafrika nach Deutschland fliehen. Er war gefoltert worden, sagt seine Betreuerin Karima Ben Brahim vom Jugendhilfeverein Evin. Nun soll der Jugendliche auch seine neue Heimat Berlin verlassen: Am heutigen Donnerstag wird vor dem Verwaltungsgericht Tiergarten über seine Verlegung in eine Sammelstelle in Trier entschieden. Dagegen wehren sich der Flüchtling und seine Betreuer - denn der Afrikaner sei erst 15 Jahre alt und auf pädagogische Betreuung in Berlin angewiesen.
Die Ausländerbehörde geht dagegen von der Volljährigkeit des Flüchtlings aus. Bei einer Altersfeststellung in der Charité schätzte man ihn auf 18 Jahre, berichtet Karima Ben Brahim. "Das stimmt aber nicht. Er wird älter gemacht, als er ist." Der Guineer selbst sagt, dass er 15 Jahre alt sei - er würde damit als unbegleiteter Flüchtling einen besonderen Schutzstatus genießen. Eilanträge seines Anwalts gegen die Untersuchung und Umverlegung nach Trier wurden vom Oberverwaltungsgericht abgewiesen.
"Er ist in Berlin längst fest eingebunden, hier hat er sein soziales Netz", kritisiert Ben Brahim die geplante Verlegung. Der Jugendliche wohnt in einer betreuten Jugend-WG in Moabit und geht in Wilmersdorf zur Schule. Aufgrund seiner posttraumatischen Belastungsstörung sei er auf die Fortsetzung seiner psychotherapeutischen Behandlung in Berlin angewiesen. "Diese Traumatherapien gibt es in Trier überhaupt nicht."
Am Donnerstag soll der Afrikaner vor dem Verwaltungsgericht zu seinen Fluchtgründen und seiner gesundheitlichen Situation befragt werden. "Bei einem negativen Bescheid müsste er wahrscheinlich sofort umziehen", sagt Ben Brahim. Sie befürchtet eine größere Abschiebegefahr für ihren Betrauten in der Trierer Sammelstelle. Denn aufgrund der Rechtsstreitigkeiten besitzt der Flüchtling bisher weder eine Duldung noch einen Abschiebebescheid. Ben Brahim: "Dabei ist es sein größter Wunsch, einfach nur in Berlin bei seinen Freunden bleiben und zur Schule gehen zu können."
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