Jüdische Siedler besetzen Haus: "Diesen Krieg werden wir gewinnen"
Im Westjordanland besetzen fanatische jüdische Siedler ein Haus. Israelische Soldaten zögern, es zu räumen und so eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs durchzusetzen.
Davidsterne auf muslimischen Grabsteinen, Graffiti von Mohammed, "dem Schwein", und Aufrufe wie "Tod den Arabern" an Häuserwänden beschäftigen zurzeit die in Hebron stationierten israelischen Soldaten. Kaum haben sie die Schandschriften abgewaschen oder übermalt droht schon die nächste Runde der Konfrontation zwischen Sicherheitskräften und den fanatischen jüdischen Siedlern in der Stadt. Grund für die Aufregung ist ein besetztes Haus, das laut Oberstem Gerichtshof in Jerusalem schon diese Woche hätte geräumt werden müssen. Aus Angst vor Gewalt zögert die Armee vor dem Vollzug des Gerichtsentscheids.
Ein Sonderaufgebot von Soldaten und Grenzpolizei sichert die Altstadt, seit am Freitag 20.000 fromme Juden nach Hebron pilgerten, um dort in der Jizhak-Halle zu beten, dem größten Raum in der Abraham Moschee (Maarat Hamachpela). Seit dem Massaker 1994, als der jüdische Fanatiker Baruch Goldstein genau hier 29 betende Muslime erschoss, ist die Halle für Juden nur noch an zehn Wochenenden pro Jahr zugänglich. Eine "unsägliche Kollektivstrafe für das jüdische Volk", nennt dies Hebrons Siedlersprecher Noam Arnon. "Würde jeder Ort, an dem ein Araber gemordet hat, für die Araber geschlossen werden, müsste das gesamte Staatsgebiet von Arabern geräumt werden."
Die meisten der Pilger werden Samstagabend wieder nach Hause reisen. Die Polizei rechnet aber damit, dass vor allem einige Jugendliche in dem umstrittenen Haus bleiben werden, um die Evakuierung zu verhindern. Das "Haus des Friedens", wie die Siedler das umstrittene Gebäude nennen, befand sich zur Zeit der Besetzung vor eineinhalb Jahren noch im Bau und war damals unbewohnt. Der Oberste Gerichtshof widerlegte die Behauptung der Siedler, dass das Haus legal erstanden worden sei und ordnete den dort lebenden 20 Familien an, das Gebäude bis Mittwoch zu verlassen. Statt dem Gerichtsbeschluss zu folgen, zogen zahlreiche Männer aus Hebron und Kirjat Arba randalierend durch die Straßen, beschädigten Armeefahrzeuge und palästinensische Wohnhäuser.
"Das Gefühl der Ohnmacht und der Ungerechtigkeit ist unter den Leuten hier so stark, dass man Verzweiflungsakte nicht ausschließen kann", sagt Siedlersprecher Arnon. Er selbst könne dagegen nichts unternehmen. Tatsächlich wird die Atmosphäre von radikalen Siedlerführern und Rabbinern in Hebron noch zusätzlich angeheizt. Soldaten, die den Befehl zur Räumung verweigern, sollen mit umgerechnet 200 Euro belohnt werden. "Wir werden einen entschlossenen Krieg ohne Kompromisse kämpfen und ihn gewinnen", kündigt der Fanatiker Baruch Marsel an, der schon mehrfach wegen gewalttätiger Übergriffe verurteilt worden war.
Der palästinensische Journalist Khalid Amayreh aus Hebron hält eine Wiederholung des Massakers von 1994 heute "für wahrscheinlicher als je zuvor". Die Siedler zögerten, ihren Zorn gegen die Soldaten zu richten, und greifen stattdessen die Palästinenser an. "Was hat Mohammad mit dieser Sache zu tun?", fragt Amayreh, fassungslos über die Gleichstellung des muslimischen Propheten mit einem Schwein. "Diese Leute sind gefährlich", warnt er. Dass die israelische Armee "es nicht mit ein paar Dutzend fanatischer Siedler aufnehmen kann", will er nicht glauben. Das Problem sei, dass Israels Regierung keinen Sympathieverlust in der Öffentlichkeit riskieren will, sollte es blutige Auseinandersetzungen geben. Im Februar soll es vorgezogene Parlamentswahlen geben.
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