Jubiläum des Berliner Fernsehturms: Schöne Relikte
Vor 70 Jahren wurde die DDR gegründet. Auch der Fernsehturm hat Geburtstag. Eine Begegnung zum 50. Jubiläum.
Thomas Billhardt hat es nach einer Krankheit doch noch rechtzeitig geschafft zur Pressekonferenz am Montag vergangener Woche, als das Jubiläum des Berliner Fernsehturms im Mittelpunkt stand. Der bekannte Fotograf, Jahrgang 1937, hat den Turmbau mit seiner Kamera in der Bauphase ab 1965 begleitet und auch in den Jahren danach das fertige Bauwerk und sein Umfeld immer wieder im Bild festgehalten.
Einige seiner Fotos sind nun im Fernsehturm ausgestellt. Billhardt hat zum Beispiel vom noch im Bau befindlichen Turm herab fotografiert: 1967 gab es rings um das Rote Rathaus viele nicht bebaute Brachen zu sehen – für das Neue musste damals Altes weichen: Im Karree wurden Gebäude mit Wohnungen, Büros, Verkaufsflächen, teils noch völlig intakt, abgerissen.
Lange her, längst vergessen. Auch dass es nach der Wende einzelne Stimmen gab, die den Abriss des Fernsehturms forderten. „Was?“, sagt Thomas Billhardt, „das wusste ich gar nicht. Gut, dass es nicht dazu gekommen ist!“
Der Autor dieser Zeilen und der Fotograf schauen sich zusammen mit dem Pressetross die Löschgasanlage im obersten Geschoss der Kugel an – wir sind auf 223 Meter Höhe –, es soll die größte ihrer Art in Berlin sein. Dann erklimmen wir eine Metalltreppe, die über der Kugel zum sogenannten Antennenraum hinaufführt: Von hier geht es noch einmal rund 110 Meter eine Leiter schnurstracks nach oben in den Himmel – Pardon: zur Antenne, das ist nichts für Laien. Draußen stürmt es laut hörbar, die Außenhaut ist zum Greifen nah, ein Ausstieg zu gefährlich, und das Schwanken des Turms macht sich bemerkbar: Sonst nur wenige Zentimeter, sind es bei dem starken Wind 50 bis 60 Zentimeter!
Der „Tag der Republik“ vor 30 Jahren
Zeit für eine Frage auf einer Höhe von 246 Meter. Was verbindet der Fotograf, der über Jahrzehnte immer wieder Bilder vom Fernsehturm machte, mit dem weltweit bekannten Bauwerk?
„Das ist eine persönliche Sache“, sagt Billhardt, „und gewachsen.“ Er war nicht dauernd vor Ort, erzählt er, das ging ja auch gar nicht, weil der Fotograf viel auf Reisen war – Vietnam, Palästina und Nicaragua. Er kam aber immer wieder beim Turm vorbei und machte „eher beiläufige Fotos“, wie er sagt, mit einem genialen Blick für atmosphärische Details.
„Der Turm ist schon eine Sensation“, sagt der 82-Jährige zwischen zwei Treppenabsätzen, „ich fahre ja viel mit dem Auto herum, es ist einfach toll, dass man mit ihm stets einen weithin sichtbaren Wegweiser hat, auch wenn man in die Stadt hineinfahrt. Der Turm wird dir zum Kumpel.“ Und von einem guten Kumpel macht man ja auch ab und an mal ein Foto. Die neuesten Aufnahmen stammen aus dem letzten Jahr. „Ich bin dem Turm eben treu geblieben.“
Das Turm-Jubiläum selbst wurde bereits groß am 3. Oktober, dem Tag der Deutschen Einheit, gefeiert, weil am selben Tag vor jetzt 50 Jahren Walter Ulbricht nebst Frau Lotte samt oberster DDR-Führungsriege den Turm offiziell eingeweiht hatte. Man hätte das Turmjubiläum aber viel besser am Montag begehen können: Denn am 7. Oktober 1969, dem 20. Gründungstag der DDR, durften dann auch die gemeinen BerlinerInnen den Fernsehturm in Besitz nehmen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Sport in Zeiten des Nahost-Kriegs
Die unheimliche Reise eines Basketballklubs