Journalistin Daphne Caruana Galizia: Die Goldgräberin

Bei Recherchen stieß die Journalistin Sara Farolfi oft auf den Namen Daphne Caruana Galizia. Begegnet sind sie sich nie, doch die Bewunderung bleibt.

Eine Frau mit langen dunklen Haaren lächelt

Viele fürchteten ihren Mut Foto: ap

„This is what a war looks like“, hat Matthew Caruana Galizia auf seiner Facebook-Seite zum Mord an seiner Mutter, der investigativen Journalistin Daphne Caruana Galizia geschrieben. Und es ist schwierig, andere Wort für den brutalen Mord auf Malta am Montagnachmittag zu finden. Ich habe Daphne vor einem Jahr in einem Telefongespräch kennengelernt, im Sommer 2016.

Ich hatte sie wegen einer Recherche zum sogenannten „citizenship by investment“-Progarmm in der Europäischen Union angerufen: „Citizenship by investment“ bedeutet, dass man durch eine Investition den Pass eines EU-Landes seiner Wahl erwerben kann – auch ohne jemals einen Fuß dorthin zu setzen. Malta hatte ein solches Programm im Jahr 2014 eingeführt. Daphne war eine der wenigen JournalIstinnen, die sich ernsthaft mit dem Thema beschäftigten.

Sie war es, die auf ihrer Webseite Running Commentary eine Liste sowie eine erste Analyse der Personen veröffentlichte, die 2014 einen maltesischen Pass erwarben. Und es war sie, die im Zuge der Enthüllungen um die Panama Papers die Existenz der auf den britischen Jungferninseln registrierten Gesellschaft Willerby Inc mit ihrem Chef Brian Tonna aufdeckte, die verdeckt im Passverkaufsprogramm Maltas aktiv ist – Tonna gilt als eng verbandelt mit dem maltesischen Premierminister Joseph Muscat. Diese Angelegenheit und dieser Name tauchen auch zuletzt immer wieder im Zentrum ihrer jüngsten Recherchen auf.

Im Herbst 2016 war ich zweimal für meine Recherchen auf Malta. Leider haben Daphne und ich es nie geschafft, uns persönlich zu treffen. Aber praktisch in allen Gesprächen, die ich auf Malta führte, fiel irgendwann ihr Name. Auf Malta kannte sie jeder. Viele fürchteten sie – vor allem ihren Mut. Mehr als ein Blog war – und ist! – Running Commentary – ein wahre Goldgrube für Nachrichten, ein Spiegel für den beeindruckenden Grad von Korruption, den das kleinste Land der EU in den letzten Jahren erreicht hat. „Wo du auch hinschaust, überall sind die Kriminellen. Die Situation ist hoffnungslos“, hat Daphne in ihrem letzten Post geschrieben wenige Minuten bevor sie das Haus verließ und ermordet wurde.

Daphne war gerade dabei, den Faden einer ihrer kompliziertesten Recherchen wieder aufzunehmen, die im vergangen Mai Premierminister Joseph Muscat dazu gezwungen hatten, vorzeitige Neuwahlen anzusetzen. Die Recherche auf der Spur der Panam Papers zielt direkt auf die Frau des Premiers und ihre mutmaßlichen Verbindungen zur Tochter des Staatspräsidenten von Aserbaidschan sowie auf einen der engsten Mitarbeiter Muscat, Keith Schembri.

„Da ist ein mafiöser Anschlag“ schrieb mir vorgestern ein maltesischer Anwalt, den ich auf meinen Recherchen kennengelernt hatte. „Und das beunruhigende ist, dass nun alle Informationen, die Daphne zusammengetragen hatte, in den Händen der Polizei landen werden. Wo doch die Wahrheit ist, dass auf Malta niemand mehr den Institutionen traut.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.