Journalisten in der Türkei: Einschreiten gefordert
Der türkische Oppositions-Journalist Can Dündar appelliert im ARD-Interview an die Kanzlerin, gegen Erdoğans „Säuberungen“ aktiv zu werden.
Der Chefredakteur der linken türkischen Tageszeitung Cumhuriyet, Can Dündar, hat Bundeskanzlerin Angela Merkel aufgerufen, gegen die „Säuberungen“ von Präsident Erdoğan einzuschreiten. In einem aufgezeichneten ARD-Interview sagte Dündar am Sonntag, Merkel sei „eine der wenigen Staatschefs, die mit Erdoğan reden, die ihm etwas abverlangen“ könne.
Dündar mahnte indes auch an, dass ein Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen die falschen treffen könnte: „So will die EU Erdoğan bestrafen, tatsächlich aber trifft sie die Demokraten.“ Diese seien jetzt auf die Unterstützung und Solidarität Europas angewiesen.
Nach dem gescheiterten Putschversuch und der anschließenden Verhaftungs- und Suspendierungswelle in der Türkei ist Dündar im Ausland untergetaucht. Das Interview hat die ARD an einem nicht näher benannten Ort „irgendwo in Europa“ aufgezeichnet.
Schon vor dem Putschversuch stand Dündar wegen seiner journalistischen Arbeit unter Druck: Für einen Bericht über mutmaßliche Waffenlieferungen aus der Türkei an Extremisten in Syrien war der Journalist im Mai zu fast sechs Jahren Haft verurteilt worden. Das Urteil ist bislang noch nicht rechtskräftig.
Demokratie und Islam
Kurz vor der Urteilsverkündung entkam Dündar nur knapp einem Attentat durch ein AKP-Mitglied. Seitdem hat er nach eigenen Angaben weitere ernst zu nehmende Morddrohungen erhalten.
Im Interview betonte Dündar die geopolitische Bedeutung einer rechtsstaatlichen Türkei: Die Türkei habe bewiesen, „dass Demokratie und Islam zusammengehen. Das ist einzigartig. Und das verlieren wir jetzt.“
Cumhuriyet erscheint weiterhin, obwohl zuletzt viele regierungskritische Zeitungen sowie TV- und Radiosender geschlossen wurden. Dazu Dündar: „Die Türkei ist ein freies Land, mit freien Medien. Sie können absolut alles sagen, wenn Sie bereit sind, den Preis dafür zu bezahlen.“
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