Joe Bidens Asylpolitik: USA lassen wieder draußen warten
Unter Trump hatten Asylsuchende auf mexikanischer Seite auf ihr Verfahren warten müssen. Joe Biden stoppte diese Maßnahme – und führt sie jetzt wieder ein.
![Ein Uniformierter führt mehrere Personen ab. Ein Uniformierter führt mehrere Personen ab.](https://taz.de/picture/5261576/14/28436118-1.jpeg)
Diese unter dem Titel „Remain in Mexico“ bekannt gewordene Praxis war unter Präsident Donald Trump im Februar 2019 eingeführt und von den damals oppositionellen Demokrat*innen stets kritisiert worden. Folgerichtig hatte Biden sie unmittelbar nach seiner Amtsübernahme abgeschafft. Doch zwei Bundesstaaten, Texas und Missouri, hatten dagegen geklagt und von einem Bundesrichter recht bekommen. Die Biden-Regierung ging in Berufung, doch der konservativ besetzte Oberste Gerichtshof wies einen entsprechenden Eilantrag ab.
So sah sich Bidens Regierung, in diesem Fall repräsentiert durch den Heimatschutzminister Alejandro Mayorkas, gezwungen, die Praxis wieder einzuführen – obwohl Mayorkas selbst noch im Oktober kurz vor der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs argumentiert hatte: „Es gibt dem Programm inhärente Probleme, die auch mit noch so vielen Finanzmitteln nicht zu lösen sind.“
Die Praxis war von Trump eingeführt worden, um Asylsuchende und Migrant*innen aus Zentralamerika davon abzuhalten, überhaupt den Weg an die Nordgrenze Mexikos anzutreten. Zeitweise harrten Tausende Menschen über Monate in Zeltstädten an der Grenze aus – unter prekären gesundheitlichen Bedingungen und unter ständiger Bedrohung durch Kriminelle.
Willkürliche Abweisung an der Grenze
In Bidens Regierungszeit war anders verfahren worden – allerdings ließ auch die neue Regierung längst nicht alle auf US-amerikanisches Territorium, die sich an der Grenze einfanden. Unter Berufung auf den ebenfalls unter Trump eingeführten „Titel 42“ wurde im Gegenteil recht willkürlich entschieden, wer ins Land durfte und wer nicht. „Titel 42“ dient offiziell der Bekämpfung der Coronapandemie und erlaubt die Abweisung von Menschen an der Grenze.
Berichten zufolge wurden etwa im Oktober rund 57 Prozent der Menschen zurückgewiesen – von denen, die bleiben durften, stammt rund die Hälfte aus Venezuela, Nicaragua, Kuba und Brasilien.
Ohne eine Übereinkunft mit Mexiko wäre die vom Gericht verordnete Rückkehr zum „Remain-in-Mexico“-Programm kaum umsetzbar gewesen. Die hat die Biden-Regierung nun erreicht, doch es ist nicht wirklich klar, unter welchen Bedingungen sich Mexikos Regierung darauf eingelassen hat.
Anhaltende Kritik
Immerhin startet in dieser Woche ein US-finanziertes Hilfsprogramm für die Länder des Nördlichen Dreiecks, Guatemala, Honduras und El Salvador – Stichwort: Bekämpfung der Fluchtursachen. Das hatte auch Mexikos Regierung unter dem linkspopulistischen Präsidenten Andrés Manuel López Obrador gefordert.
Doch die Kritik an der neu-alten Praxis ist nicht verstummt. Zwar hat die Biden-Regierung zugesichert, zumindest die Verfahrensdauer abzukürzen und binnen längstens sechs Monaten über die Asylanträge zu entscheiden – das wäre deutlich kürzer als noch unter Trump. Das UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) verurteilt die Maßnahme dennoch in einer Stellungnahme: „Die vorgestellten Veränderungen reichen nicht aus, um die grundsätzlichen Bedenken gegen diese Politik auszuräumen“, schrieb das UNHCR.
Unterdessen hat die Biden-Regierung bereits im Oktober ein weiteres Gerichtsverfahren angestrengt, um das Programm stoppen zu können. Beim Bundesberufungsgericht in New Orleans liegt ein wesentlich detaillierter begründeter Antrag der Regierung zur Entscheidung. Sollte das Gericht dem Folge leisten, heißt es in Washington, würde die Praxis erneut sofort gestoppt.
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