: Jim Knopf und die Roboter
■ Der neue Trend im Kinderzimmer: Hörspiel-Klassiker wie Räuber Hotzenplotz verdrängen Faser und Außerirdische Von Armin Struve
Es war einmal, und es ist wieder: Die Klassiker der Kinderunterhaltung haben inzwischen die Herzen der Jungen und Mädchen zurückerobert. Längst haben Pippi Lang-strumpf, Räuber Hotzenplotz und die Schlümpfe die Roboter und andere Vertreter der außerirdischen Traumwelt aus den deutschen Kinderzimmern wieder vertrieben. Ob Jim Knopf, Benjamin Blümchen, die kleine Hexe, Dornröschen oder Emil Grünbär, sie alle stehen wieder ganz oben in der Beliebtheitsskala der Kinderhörspiele.
Auch die zweijährige Paula ist von den Kassetten begeistert. Einige Zeit war Pippi Langstrumpf ihre Favoritin. Zur Zeit steht sie total auf Ernie und Bert aus der Sesamstraße. Ihre Liebe beschränkt sich jedoch nie aufs Hören – Ernie schläft sogar in ihrem Bett, als Puppe. Und er darf sie überall hin begleiten. Das „Zubehör“ spielt auch bei anderen Hörspielen mittlerweile eine große Rolle. Bilderbücher, Uhren oder Plastikfigürchen tragen dazu bei, die Popularität der Titelhelden zu steigern.
Vor allem die in großem Rahmen produzierten Kassetten sind jedoch nicht bei allen beliebt. Die Geräuschkulisse von Benjamin Blümchen etwa kann auch zur Plage werden. „Damit bin ich schon in den Wahnsinn getrieben worden“, gesteht der Vater einer neun- und einer 15-jährigen Tochter. Auf der Suche nach Hörspielkassetten, die auch pädagogisch sinnvoll sind, dürfen Eltern sich denn auch nicht im Kaufhausramsch umtun. Da, so weiß der Blümchen-gestreßte Vater, müßte man schon in guten Buchhandlungen suchen. Auch der NDR pflegt das – für Radioverhältnisse – kleine Pflänzchen Kinderhörspiel. Jedes Jahr werden sechs bis sieben Stücke produziert. Neben Klassikern wie Kalle Blomquist oder Nils Holgersson werden im Mikado-Radio jeden zweiten Sonntag auch neue Stücke mit aktuellem Hintergrund gesendet. Die Nachfrage nach den Geschichten, die teilweise auch auf Kassette erhältlich sind, sei in letzter Zeit merklich gestiegen, erklärt Jörgpeter Ahlers, verantwortlicher Redakteur im NDR-Kinderfunk. Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland mit über 13 Millionen verkauften Tonträgern die Kinderhörspiele zum Bestseller auf dem deutschen Tonträgermarkt.
Werner Klose, Karussell-Geschäftsführer in Hamburg und einer der Vermarkter für Hörspiele, weiß auch, daß sich Kinder in einer phantastischen Welt entspannen und keinem Alptraum hinterherjagen wollen: „Was Oma, Opa und die Eltern schon zum Träumen brachte, danach fragen die Kids heute wieder.“ Zudem kaufen Eltern wieder mehr Hörspiele, deren Geschichten sie selbst schon als Kinder hörten. Dabei hätten prominente Vorleser kaum noch eine Chance, vielmehr seien die aktuelle Sprache der Geschichten und die Atmosphäre der Handlungsabläufe gefragt.
Warum mögen Kinder plötzlich die ollen Kamellen wieder? Für die 26jährige Kinderhörspielexpertin Beate Gröger in Hamburg ist das klar. Sie meint, Kinder wollen sich nach Computer, Techno und Schulstreß in einer heilen Welt entspannt zurücklehnen, um per Hörspiel in eine Traumwelt zu entfliehen.
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