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Jeden Tag Sperrmüll

■ Gebrauchte Möbel gibt es nicht nur auf dem Sperrmüll: Lustwandeln in zwei Hallen voller Nierentische, Perserteppiche und Eichenschränke (furniert)

Wer kennt die Situation nicht: Die Wohnungssuche war erfolgreich. Der Mietvertrag ist unterschrieben. Ein Gefühl der Erleichterung setzt ein. Endlich! Doch dann die Ernüchterung. Denn angesichts der leeren Räume muss man plötzlich an Tapeten- und Möbelkauf denken. Und besonders Letzteres ist nicht immer einfach. Vor allem dann nicht, wenn der Geldbeutel geschont werden soll und man trotzdem kein Fan von schwedischen Möbelhäusern à la „Entdecke die Möglichkeiten“ ist. „Wie kann alternativer Möbelkauf aussehen?“, wollte die taz wissen und lernte dabei zwei Bremer „Großtrödler“ kennen.

“Von Antik bis modern – den eigenen Stil finden“, ist in fetter roter Schrift auf einer Werbetafel am Eingang der Firma TPB in der Seewenjestraße 22 in Gröpelingen zu lesen. Durch einen schmalen, etwas muffigen Flur betritt die Möbelsuchende das Eldorado: Es werden 1.000 Quadratmeter Verkaufsfläche versprochen. Die drei riesigen, bis in den letzten Winkel vollgestopften Hallen wirken geradezu erschlagend. Perserteppiche, alte Schränke, Tische und Stühle, Betten, Lampen, Bilder, gebrauchte Kühlschränke und Waschmaschinen, Gläser, Vasen, Porzellan und noch viel mehr – hier scheint es tatsächlich alles zu geben, was das Herz eines Wohnungseinrichtenden begehrt.

Die Firma TPB ist seit 17 Jahren auf Haushaltsauflösungen und Entrümpelungen spezialisiert. „Wenn Leute ihre Bude möglichst fix leer haben wollen, dann wenden sie sich an uns“, erzählt Torsten Gefken, der eigentlich Diplom-Biologe ist und über seinen Freund und jetzigen Chef Wolfgang Janschersky zu TPB kam. Ein großer Teil von dem, was das TPB-Team aus den Wohnungen räumt, landet sofort auf dem Schrott-LKW, der anschließend direkt zur Mülldeponie fährt. Doch es gibt auch einen „guten“ LKW. „Auf den kommt alles, was einen Handelswert hat, was wir hier wieder verkaufen können“, sagt Gefken. Der Wert dieser Gegenstände wird dann mit dem Preis für die Entrümpelung verrechnet. Dieser Preis varriert übrigens je nach Müllaufkommen, Zeit- und Personenaufwand. 350 Mark kostet in Bremen die Entsorgung einer Tonne Schrott. „Bei einer 3-Zimmer-Wohnung fallen im Schnitt um die 3 Tonnen Müll an“, weiß Gefken aus Erfahrung.

Da jede Haushaltsauflösung oder Entrümpelung ein individueller Fall ist, will Gefken keinen fes-ten Preis nennen. Und damit ist er keine Ausnahme. Sein „Kollege“ Siegfried Biermann, der in der Gebrauchtmöbelzentrale am Doventorsdeich 10 ebenfalls um die 1.000 Quadratmeter Verkaufsfläche zu bieten hat, reagiert mit einem „Das muss man immer erst sehen“ auf die Preisnachfrage.

Es ist in der Tat ein Unterschied, ob eine Wohnung mit Möbeln und Krimskrams überquillt oder eher minimalistisch eingerichtet ist. Ob eine Wohnung im Erdgeschoss liegt oder im fünften Stock ohne Fahrstuhl. Ob die Wohnung sauber ist oder zur Kategorie „schwierige Fälle“ zählt. „Junkie- und Alkoholikerbuden, die zwangsgeräumt werden oder auch Wohnungen, in denen wochenlang eine Leiche gelegen hat, sind mental und hygienisch schwierig“, erklärt Gefken. „Mit den Fliegen und Maden kann das dann schon mal ein bisschen splatter-mäßig wirken“. Mit solchen Härtefällen will Biermann wiederum gar nichts zu tun haben. „Das hat für uns nichts mehr mit Gebrauchtmöbeln zu tun“, meint der Kaufmann.

Während Biermann kunsthistorisch wenig interessiert ist und sich auf den schlichten Handel mit zwar alten, aber eben doch vorwiegend gebrauchten Möbeln spezialisiert hat, hoffen die TPBler bei ihren Entrümpelungen immer auch darauf, eventuell eine Antiquität zu ergattern. „Jugendstil und Art d'eco-Möbel von 1900 gelten inzwischen schon als Antiquität und lassen sich sehr gut verkaufen“, erzählt Gefken. Vor ihm liegt die Antiquitätenzeitung, die auf ein Interesse an der Materie schließen lässt. „Das kommt für einen normalen Haushaltsauflöser zwar etwas hochtrabend daher, aber man muss sich schon ein wenig mit Stilkunde beschäftigen“, meint der Biologe. Und so traut er sich durchaus zu, den Wert eines Möbels zu schätzen. Nicht zuletzt auch aufgrund der jahrelangen Berufserfahrung.

Die lange Erfahrung hat Gefken ebenfalls gelehrt, dass sich bestimmte Möbel überhaupt nicht verkaufen lassen. Dazu gehören beispielsweise die handwerklich gut gearbeiteten, dafür aber für den heutigen Geschmack zu klobigen Möbel der Kriegsjahre. In der Branche spricht man laut Gefken auch von „Nazibarock“. Ab den 50er Jahren geht es dann wieder los. Um eine Antiquität handelt es sich bei einem Möbel aus der Nachkriegszeit allerdings nicht, denn die muss zum Zeitpunkt des Verkaufs mindestens 100 Jahre alt sein.

Tanja Vogt

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