Jeb Bush zu Gast in Berlin: Der Mann, der jeden trifft
Nicht jeder dahergelaufene Ausländer bekommt mal eben einen Termin bei zwei Bundesministern. Jeb Bush schon. Klar, der könnte ja auch Präsident werden.
Jeb Bush ist wirklich ein Glückskerl: Da reist der pensionierte Gouverneur aus Florida (USA) einmal nach Berlin und prompt empfängt ihn die halbe Bundesregierung. Montagnachmittag traf er sich erst im Finanzministerium mit Wolfgang Schäuble (CDU), dann im Außenministerium mit Frank-Walter Steinmeier (SPD). Als ob das für einen gelungenen Hauptstadtbesuch nicht ausreiche, schob er für den Abend noch einen Termin im Hotel Interconti ein: Dort war er Stargast einer Wirtschaftskonferenz mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU).
Kein ungewöhnlich großer Bahnhof, meint die Bundesregierung. „Der Minister trifft sich regelmäßig mit Gästen aus dem Ausland“, sagte ein Sprecher des Finanzministeriums, der über die Gesprächsthemen selbst im Nachhinein nichts verraten wollte.
In Wirklichkeit ist der große Empfang natürlich alles andere als normal. Nicht jeder dahergelaufene Ausländer bekommt mal eben einen Termin bei zwei Bundesministern. Das gilt selbst dann, wenn er wie im Fall Bush plant, in der kommenden Woche seine Präsidentschaftskandidatur zu verkünden. Erstens wollen sich außer ihm nämlich noch zig andere Republikaner bewerben. Zweitens hält sich die Bundesregierung eigentlich aus fremden Wahlkämpfen raus.
Warum also die Ausnahme? Vielleicht, weil Jeb tatsächlich Chancen hat, die Nachfolge seines Vaters (George) und seines Bruders (George W.) anzutreten. Stand heute hat er mehr Wahlkampfspenden gesammelt als alle anderen Kandidaten der Republikaner; seine Umfragewerte sind anständig. Den möglichen neuen US-Präsidenten schon mal kennenzulernen, kann nicht schaden.
Für einen Bush ist er gar nicht so rechts
Oder will die Bundesregierung gar im Vorwahlkampf helfen? Im Vergleich mit anderen Republikanern gilt Bush schließlich als fast gemäßigt. Ein großer Freund der Homo-Ehe oder der Bürgerrechte ist Bush zwar nicht. Dafür fordert der 62-Jährige, der mit der Tochter eines Mexikaners verheiratet ist, eine moderatere Zuwanderungspolitik.
Was ihm für eine erfolgreiche Kandidatur noch fehlt: außenpolitische Erfahrung. Daher die Europatour, die ihn auch nach Warschau und Tallinn führt. Mit einem Außenminister aus Niedersachsen können die amerikanischen Wähler vielleicht nicht allzu viel anfangen. Trotzdem: Mit seinen neuen Bekannten from the German Federal Government könnte Bush zu Hause noch punkten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen