Japans Konjunkturpaket: Brücken, Straßen und Tunnel
Japan will mit einem Konjunkturpaket von 173 Milliarden Euro die nationale Wirtschaft stärken. Langfristig wird das die Probleme des Landes jedoch nicht lösen.
TOKIO dpa/afp | Um den Teufelskreis aus Rezession und jahrelanger Deflation mit dauerhaft fallenden Preisen zu durchbrechen, schnürt Japans neuer Regierungschef Shinzo Abe kurzerhand ein Konjunkturpaket von 173 Milliarden Euro – ohne Rücksicht auf die Staatsverschuldung, die mit 237 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) schon jetzt die mit Abstand höchste der Welt ist.
Mehr als die Hälfte des Konjunkturprogramms wird von der Regierung in Tokio getragen, der Rest soll von Kommunen und dem Privatsektor gestemmt werden. Umgerechnet 35 Milliarden Euro sollen in den Wiederaufbau des von der Erdbeben-, Tsunami- und Atomkatastrophe im März 2011 schwer getroffenen Nordostens sowie in die Restaurierung von Tunnels, Brücken und anderer veralteter Infrastruktur fließen.
Mit 30 Milliarden Euro sollen Unternehmen bei der Expansion ins Ausland unterstützt werden, etwa um die für japanische Firmen ungünstigen Wechselkurse auszugleichen. Besonders gefördert werden sollen die Forschung und Entwicklung in Bereichen wie Energie, Landwirtschaft oder Gesundheit.
Ökonomen in Tokio zweifeln nicht daran, dass die gewaltige Konjunkturspritze zumindest kurzfristig Wirkung zeigen wird. Das muss sie auch, denn Abe muss den Wirtschaftsmotor schnell in Gang bringen, wenn er die Wahlen zum Oberhaus des Parlaments im Sommer gewinnen will.
600.000 Jobs
Dazu muss er nicht nur den Unternehmen helfen, sondern rechtzeitig zu den Lohnverhandlungen im Frühjahr dafür sorgen, dass die Unternehmen auch die Gehälter der Beschäftigten anheben. 600.000 Jobs verspricht sich Abe und seine LDP, die im Dezember nach drei Jahren an die Macht zurückgekehrt ist, von seinem Konjunkturpaket. Das BIP soll um zwei Prozentpunkte steigen. Die Börse in Tokio hat in jüngster Zeit deutlich angezogen, und der zuletzt rasant gestiegene Yen hat sich wieder spürbar abgeschwächt, was Japans Exportwirtschaft hilft.
Manche Volkswirte teilen den gegenwärtigen Optimismus der Märkte jedoch nicht. Mit Brücken, Straßen und Tunnel und einer immer lockereren Geldpolitik lasse sich langfristig kein nachhaltiges Wachstum generieren, das hätten schon die Konjunkturpakete früherer LDP-Regierungen gezeigt. Zudem könnte Japans Bonität herabgestuft werden, sollte die Verschuldung steigen. Dies könnte zu höheren Zinsen führen und die Wirtschaft abwürgen.
Abes Unterstützer verweisen auf die ebenfalls geplanten Steuerreformen. So sind Erleichterungen für Firmen bei der Schaffung neuer Jobs und Investitionen geplant. Auch der Kapitalmarkt soll durch steuerliche Vergünstigungen für Aktienanlagen privater Haushalte gestützt werden. Dies seien wichtige Schritte, um Japans Wirtschaft auch längerfristig in Gang zu bringen.
Das allein aber kann die inzwischen seit Jahrzehnten bestehenden Probleme nicht lösen. „Dafür braucht man Strukturreformen“, sagt Martin Schulz, Ökonom beim Fujitsu Research Institute in Tokio. Vor allem in den großen Wachstumsbereichen der Wirtschaft wie dem Gesundheitssektor, der Energiebranche und der Landwirtschaft seien Deregulierungen vonnöten. Dazu hat die Regierung jetzt Expertengremien gegründet. Zumindest etwas Optimismus scheint also nach Japan zurückzukehren.
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