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Japanischer AnimationsfilmSeuchen heilen, Hirsche reiten

Der japanische Animationsfilm „The Deer King“ basiert auf dem gleichnamigen Fantasyroman. Er erzählt episch von einer mysteriösen Seuche.

Filmheld Van mit einem Sprunghirsch Foto: Plaion Pictures

Unheilvoll braust eine violette Flut durch die Wälder und Lichtungen. Wölfe hetzen mit rotglühenden Augen durch die Nacht. Schließlich erreichen die Tiere eine Salzmine, in der Gefangene Zwangsarbeit verrichten. Unter den Gefangenen ist auch Van, ehemaliger Anführer einer Rebellion. Als die Wölfe in die Mine einfallen, übertragen sie durch ihre Bisse das „schwarze Wolfsfieber“ das alle in dem Bergwerk tötet – alle bis auf Van und ein kleines Mädchen.

Ohne es zu wissen, sind die beiden damit in dem Animationsfilm „The Deer King“ zum Fokus menschlicher Ränkespiele und mysteriöser Gewalten der Natur geworden. Die fantastische Welt, die die beiden japanischen Animationsfilmer Masashi Ando und Masayuki Miyaji zeigen, ist geprägt vom Kampf der beiden Königreiche Zol und Akhafa. Als Vorlage des Films dient der gleichnamige ­Fantasyroman.

Auf der Flucht treffen die beiden Toma, einen Landbewohner, der versucht, sich ein Leben als Züchter von Sprunghirschen aufzubauen. Toma führt Van und die junge Yuna in sein Dorf. Anders als die Dorfbewohner_innen haben Van und Yuna eine scheinbar angeborene Verbindung zu den Tieren. Für die beiden beginnt eine kurze Zeit des Friedens.

Der Wolfs-Überfall hat die Aufmerksamkeit des Sohnes des Kaisers erregt, der den Arzt Hossal Yugraul hinzuzieht. Eine Fährtenleserin im Dienste des Königs von Akhafa entdeckt, dass es Überlebende des Angriffs gibt, und Hossal ist überzeugt, dass in ihnen ein Schlüssel zur Bekämpfung des ominösen Wolfsfiebers liegt. Doch mit der Fährtensucherin nähern sich auch die Ränkespiele der Politik den beiden Flüchtenden.

Zu Beginn ist „The Deer King“ noch etwas überfordernd. Sind die Grundlagen der Fantasiewelt aber erst einmal verstanden, wird der Film ruhiger.

Bogenschützen, Schwerter und geflochtene Bärte

Der Film

„The Deer King“. Regie: Masashi Ando, Masayuki Miyaji. Japan 2021, 108 Minuten

Die Bildwelten von „The Deer King“ greifen ein vages Mittelalterbild mit Bogenschützen, Schwertern und alten Männern mit geflochtenen Bärten auf. Der Film setzt auf grafisch prägnante Bilder und eine Animation, die ihre Stärke vor allem in menschlichen Bewegungen hat. Die der Tiere sowie auch die Landschaftshintergründe sind hingegen weniger beeindruckend.

Getragen wird der Film jedoch ohnehin von seiner Erzählung. Die Regisseure und Drehbuchautor Taku Kishimoto verweben die Handlungsfäden gekonnt zu einer komplexen Geschichte. Auf der einen Seite steht die Welt der Intrigen zwischen dem Hof der Akhafa und dem Kaiserhof der Zol. Die andere Seite bildet eine Zufallsgemeinschaft bestehend aus Van, dem Arzt Hossal Yugraul und der Fährtensucherin.

Van bleibt Held wider Willen, ist von keiner übergeordneten Mission getrieben als von dem Unwillen, sich vereinnahmen zu lassen und dem Versuch, Yuna zu beschützen. Hossal Yugraul und seine Suche nach einem Heilmittel für das schwarze Wolfsfieber werden im Laufe des Films immer zentraler. Eine Suche, die mit einer Fantasy-Zentrifuge endet.

Vom Widerstreit zweier Weltmodelle

„The Deer King“ schlägt wieder und wieder überraschende Volten, hüpft durch die Handlung wie ein Sprunghirsch, der senkrecht eine Felswand hinunterläuft.

Der Film beginnt mit Vans und Yunas Flucht aus der Salzmine zwar noch recht konventionell, findet aber in Vans Verweigerung, Held zu werden, der detektivischen Suche des Arztes sowie der Rolle der ominösen Krankheit Elemente, die den Film aus den Schraubzwingen des bloßen Fantasy-Genres befreien.

Im Laufe dieser Selbstbefreiung entwickelt der Film dennoch eine epische Form, eine Erzählform, die die Welt umfasst. Denn davon handelt „The Deer King“ letztlich: vom Widerstreit zweier Weltmodelle.

Die Kunst des Films liegt darin, sich für den eigenen Manichäismus nicht zu interessieren, sondern stattdessen die Darstellung der positiv besetzten Seite zu entfalten. Seuchen heilen, Hirsche reiten, Landschaft retten, Kindern dabei zuschauen, wie sie die Welt entdecken – was könnte man daran nicht mögen.

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