piwik no script img

Japan will AKWs hochfahrenMit Meiler is' geiler!

Atomfreund Shinzo Abe ist erneut zum japanischen Premierminister gewählt worden. Seine Regierung kündigt an, „sichere“ Meiler wieder ans Netz gehen zu lassen.

Vergeblicher Protest in Tokio. Bild: dpa

PEKING taz | Von Japans neuem Premierminister Shinzo Abe war schon vor seiner Wiederwahl bekannt, dass er den Ausstieg seines Landes aus der Atomkraft rückgängig machen will. Doch dass er damit so rasch beginnen würde, kommt überraschend: Erst einen Tag offiziell im Amt, verkündete Japans konservative Regierung am Donnerstag, dass eine Reihe der insgesamt 50 Atommeiler schon bald wieder in Betrieb gehen dürfen.

Japans neuer Industrieminister Toshimitsu Motegi sagte, die „als sicher eingestuften Atomkraftwerke“ könnten schon sehr bald wieder hochgefahren werden, sofern sich die unabhängige Regulierungsbehörde für die Sicherheit der Reaktoren verbürge.

Die Opposition war davon ausgegangen, dass die Regierung die Wiederinbetriebnahme der heruntergefahrenen Atomkraftwerke nicht vor den Oberhauswahlen im Juli auf die Tagesordnung setzen würde. Sie hatte damit gerechnet, dass Abe sich zunächst auch die dortige Mehrheit sichern wollte.

Obwohl die konservativen Liberaldemokraten (LDP) am 16. Dezember mit großem Abstand die Unterhauswahlen gewannen, ist Umfragen zufolge eine Mehrheit der Japaner seit dem schweren Reaktorunfall in Fukushima im März 2011 weiter gegen die Nutzung der Atomkraft. Ein schweres Beben vor der Küste Japans mit anschließendem Tsunami hatte zu einem GAU geführt. Noch Wochen später strömte radioaktives Wasser ins Meer. Nun stellt LDP-Industrieminister Motegi gar den Bau neuer Reaktoren in Aussicht.

Negative Leistungsbilanz

Sechs der insgesamt 54 Reaktoren des Inselstaates hatte aber auch Abes Vorgänger Yoshihiko Noda wieder ans Netz gehen lassen – obwohl Nodas Mitte-links-Regierung sich dafür einsetzt, dass Japan auf Atomkraft verzichtet. Auch jetzt appellierte Noda an die LDP, zumindest auf lange Sicht am Ausstieg festzuhalten. Bis zum Unglück bezog Japan fast ein Drittel seiner Energie aus Atomkraft. Derzeit muss das Land in großem Stil Gas und Öl aus dem Ausland importieren – was der eigentlich so exportstarken Nation 2012 erstmals eine negative Leistungsbilanz bescherte.

Der neue Ministerpräsident Abe und sein Kabinett haben die Geschäfte am Mittwoch aufgenommen. Abe vertritt die Ansicht, Japan könne sich den Ausstieg aus wirtschaftlichen Gründen nicht leisten. Die großen Stromkonzerne des Landes wie Tepco und eine Reihe von Unternehmern begrüßen Abes Vorstoß. Die Aktien des Fukushima-Betreibers schossen bereits direkt nach der Wahl in die Höhe.

Dass die meisten Reaktoren in Japan inzwischen als marode gelten und viele von ihnen auch künftigen starken Beben nicht standhalten dürften, ignoriert der neue Premierminister geflissentlich, der 2006 schon einmal auf dem gleichen Posten saß, aber nach einem Jahr aus Gründen der Erschöpfung aufgab. Vor allem die dicht besiedelten Regionen im Großraum Tokio und die Kansai-Region mit den Millionenstädten Osaka, Kobe und Kioto erwarten, dass das alle 70 Jahre stattfindende große Beben erst noch bevorsteht. Immerhin versprach Industrieminister Motegi auch den Ausbau erneuerbarer Energien.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • RK
    Rainer Klute

    Man sollte schon wissen, wovon man spricht! Der Artikel behauptet, in Japan seien sechs von 54 Kernreaktoren wieder angefahren worden. Richtig ist: es sind zwei von 50. Wenn derart simple Fakten schon nicht stimmen, wie man das mit dem Rest des Artikels sein?

  • W
    Wolfgang

    Das Kapital, die japanische Finanz- und Monopolbourgeoisie (einschließlich die japanischen Bourgeoisien und Hauptaktionär/innen der Rohstoff-, Energie- und Atomkonzerne etc.) hat die Bevölkerungsmehrheit psychologisch-manipulatorisch und gesellschaftspolitisch fest im Griff. Dies gilt ebenso für die USA, China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Rest-Europa ...

     

    Auch das japanische und eu-deutsche Finanz- und Monopolkapital hat aus seinen historischen Erfahrungen gelernt. Die ungebrochene heutige Herrschaft, die modifizierte (moderne) reale Herrschaftsausübung, die Regierungs- und Gesellschaftspolitik im staatsmonopolistischen Imperialismus, ist der historischen Machtausübung im japanischen Militarismus-Nationalismus-Rassismus und im deutschen Faschismus-Nationalismus-Rassismus (vor, während und nach, -1933-1945-) weit überlegen.

     

    Eine notwendige Anmerkung:

     

    Wie korrupt muss eine spätbürgerliche heutige deutsche Gesellschaftsordnung sein, wenn z. B. der höchste Amtsträger, der Pastor und heutige Bundespräsident Joachim Gauck, für einen oberflächlichen leistungslosen Vortrag, so nebenbei, mehrere Tausend Euro abkassierte.

     

    Auch dürften sich diese Zustände in der japanischen Gesellschaft und deren wirtschaftlichen und politischen Administrationen, nicht wesentlich von der bundesdeutschen Realität unterscheiden!

     

    Aufwachen, braver japanischer und bundesdeutscher Michel! (?)

  • RS
    Rudolf Stein

    @Weinberg

    Wissen Sie überhaupt, was Sie schreiben? Die zwei einzigen Male, wo JapanerInnen strahlend waren, war nach den A-Bombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki, durch die USA. Übrigens durch jenen Staat, dessen gegenwärtiger Präsident hierzulande wie ein Messias gefeiert wird, nicht zuletzt wegen seines Friedensnobelpreises. Im Japan der Gegenwart ist noch keiner wegen eines Atomkraftwerkes gestorben.

     

    REDAKTION: Beitrag gekürzt, bitte bleiben Sie sachlich.

  • H
    Harald

    Die deutschen "Atomkraft, nein danke!"-Aktivisten

    zahlen die Strompreise doch sicherlich gerne,

    und wenn nicht, steht es ihnen frei,

    nach Japan auszuwandern.

     

    Die nach Wählerstimmen schielenden Regierenden tangiert der Strompreis eh nur äußerst peripher.

     

    Die Japaner sehen die Dinge offenbar realistisch,

    so, wie sie sind, nicht als wohlfeile Mittel für Nebenkriegsschauplätze.

     

    Kleiner Mann, was nun?

  • K
    Kritiker

    Es ist unfassbar, dieser Renaissance der Atomkraft beizuwohnen. Und das auch noch in dem Land, das von der Fukushima-Katastrohphe so mitgenommen wurde. Ganze Landstriche sind jetzt entvölkert.

    Aber auch in Europa werden die pro-Atomkräfte wieder an Fahrt gewinnen. In Polen wird die Gesellschaft gerade mit "Informationskampagnen" sturmreif geschossen: http://polen-heute.de/regierung-atomkraft/ Dort nimmt die Zustimmung zu und bald wird dort - nicht unweit der deutschen Grenze - der erste Reaktor gebaut werden. Es wird eine große Herausforderung, auch für die deutsche Antiatombewegung, dies zu verhindern.

    Dieser weltweite Rollback ist dramatisch. Und auch in Deutschland ist das letzte Wort sicher noch nicht gesprochen...

  • W
    Weinberg

    Die JapanerInnen haben jetzt endlich wieder eine strahlende Zukunft!