Jan Korte zum Linke-Parteitag: „Wir sind nicht die Linke light“
Außergewöhnlich: Zum Parteitag der Linken am Wochenende gibt es einen alternativen Leitantrag. Der soll die Streitkultur in der Partei wiederbeleben, sagt Linkspartei-Politiker Jan Korte.
taz: Herr Korte, warum unterstützen Sie den alternativen Leitantrag?
Jan Korte: Wir machen ein Diskussionsangebot. Es gibt eben Gemeinsamkeiten und Differenzen. Der Text des Parteivorstandes wird der dramatischen Lage der Linken nicht gerecht.
Schroffe Gegensätze zwischen den Anträgen sind aber nicht erkennbar. Wo ist der Dissens?
Wir sind uns in der Analyse der Eurokrise weitgehend einig. Aber wir sagen: Diese Partei ist in einer existenziellen Krise. Wir verlieren Mitglieder. Es fehlt an Streitkultur. Das muss man ungeschönt benennen. Und wir sagen deutlich: Die Taktik „wir gegen alle“ trägt nicht mehr. Wir wollen angesichts der katastrophalen Merkel-Regierung mit anderen Parteien ins Gespräch kommen. Wer das als Anbiederung oder Linke light denunziert, liegt falsch.
In dem Text ist von „unserer Ratlosigkeit, wie die Wirtschaft verändert werden muss“, die Rede. Ist das nicht zu vage?
Der 35-jährige Politologe ist Mitglied im Bundesvorstand der Linken und gehört dem reformorientierten Kreis „Forum Demokratischer Sozialismus“ an.
Wir machen viele konkrete Vorschläge, um den barbarischen Auswüchsen des Kapitalismus zu begegnen. Aber wir müssen wahrnehmen, dass sich viele hierzulande von der Krise nicht betroffen fühlen. „Wir wissen alles“ ist da die falsche Antwort.
Sahra Wagenknecht kritisiert, dass der Alternativantrag der Partei „eine Entweder-oder-Haltung“ aufzwingt.
Das ist genau der Diskussionsstil, den wir nicht brauchen. Was ist falsch daran, Gemeinsames und Trennendes zu formulieren? Das muss offen diskutiert werden, frei von Unterstellungen und absurden Verratsvorwürfen.
Gregor Gysi fürchtet, dass die Linkspartei sich spaltet …
Ich sehe diese Gefahr nicht. Wenn sich alle Akteure verantwortlich verhalten, wird das nicht passieren.
Es geht das Gerücht, dass, wenn Dietmar Bartsch Parteichef wird, linke Flügelleute die Bundestagsfraktion verlassen wollen.
Gerüchte hört man viele. Allerdings lässt die Qualität der Gerüchte drastisch nach. Solche Drohungen sind einfach daneben. Der Parteitag entscheidet.
Also eine leere Drohung?
Damit wird nur Druck aufgebaut, das nervt. Das ist falsch. Wir müssen solidarisch um eine Lösung ringen und mal dran erinnern, dass Schwarz-Gelb unser Gegner ist, nicht die eigenen Leute. Da sind Maßstäbe verrutscht.
Es gibt in der Partei auch Spekulationen, dass es bei einem Sieg der Westlinken auf dem Parteitag im Osten Absetzbewegungen geben wird.
Auch das bringt nichts. Keine Seite darf die andere besiegen. Also: Alle mal runterkommen.
Bleiben Sie, egal was in Göttingen passiert, Genosse?
Ich bin da stramm traditionalistisch: Man geht aufrecht in die Linkspartei hinein und in der Waagerechten wieder heraus.
Vielleicht wäre eine Abspaltung eines Teils ja ehrlicher.
Hier nicht. Ich bin 1999 im Westen in die PDS eingetreten. Wir haben dort Wahlergebnisse von zwei Prozent gefeiert. Volkspartei im Osten, solider Parteiaufbau im Westen – anders geht es nicht.
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