Jan Feddersen zum Referendum zur Ehe für alle: Das slowenische Debakel
Slowenien hat sich in einer Volksabstimmung dafür entschieden, die Gleichstellung Homosexueller im Eherecht zurückzunehmen. Verantwortung hierfür tragen Konservative im Bund mit dem katholischen Klerus. Das Land, das sich als europäischster und liberalster Flecken südlich der Karawanken verstand, hat sich ohne Not wieder der vatikanischen Weltanschauung angepasst.
Davon abgesehen, dass der aktuelle Fall ein starkes Indiz dafür ist, dass es auch rechtlich fundamentalen Rückschritt geben kann, dass also Mehrheiten sehr wohl in der Lage sind, Minderheiten im moralischen (Selbst-)Verständnis wieder zu entwerten, verweist das Ergebnis auf einen Mangel an politischem Bewusstsein bei Liberalen und Linken.
Auch in Deutschland denken liberale und linke Szenen über die Ansprüche Homosexueller auf die „Freiheit zur Ehe“ nicht politisch, sondern als Grille einer im Guten erledigten Lebensstilpolitik. Im Sinne von: Haben es Schwule und Lesben nicht nett und gemütlich? Dürfen die nicht seit Jahren ihre CSD-Umzüge veranstalten?
Was für ein Missverständnis: Konservative (ob in Polen, Slowenien oder hier) wissen genau, dass die Ehe als Kern ihrer Identitätspolitik für Heterosexuelle privilegiert bleiben muss. Für sie ist die „Freiheit zur Ehe“ keine modische Attitüde, sondern ein Angriff auf ihr Schema von dem, wie die Welt strukturiert sein soll: mit der Institution Ehe als bevölkerungs- und liebespolitischem Instrument. Moderne aber ist: Die Liebe zählt, nicht die ehelich strukturierte Kinderproduktion.
In Slowenien hat zu dieser Niederlage die groteske Nicht-, bzw. Kaum-Mobilisierung der Liberalen und Linken zu dieser Abstimmung beigetragen. Einer Abstimmung, die nie hätte stattfinden dürfen. Das mag pathetisch klingen, gleichwohl: Das Recht auf Ehe im Sinne gemeinsamer Übernahme von Verantwortung und namens der Liebe ist ein Menschenrecht, das nicht an biologische Voraussetzungen geknüpft bleiben darf.
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