Jade-Weser-Port: Platzangst in Wilhelmshaven
"Einzigartiges Gelände": Weil die Betreiber des werdenden Tiefwasserhafens immer neue Flächen vermarkten wollen, sorgen sich örtliche Initiativen um ein benachbartes Natur- und Vogelschutzgebiet.
BREMEN taz | Naturschützer aus Wilhelmshaven gehen auf Gefechtsstation gegen den Tiefwasserhafen Jade-Weser-Port. Der Anlass: Die Gewerbeflächen für Firmen auf dem Hafenareal werden nach Angaben der Verantwortlichen knapp. Deshalb sucht die Jade-Weser-Port Logistics Zone GmbH, eine für die Vermarktung zuständige Tochter des Landes Niedersachsen, nach weiteren Flächen.
Und die liegen im Natur- und Vogelschutzgebiet Voslapper Groden Süd. Das etwa 380 Hektar große Areal grenzt direkt an das Gelände des Tiefwasserhafens, eine Bahnlinie für den Güterverkehr verläuft am Schutzgebiet entlang. Wie sich das Gelände am besten einverleiben lässt, will die Logistics Zone nun durch eine Machbarkeitsstudie klären. Nach Auskunft des Geschäftsführers der Gesellschaft, Jan Miller, laufen die Vorbereitungen für die Ausschreibung bereits - ergebnisoffen, wie er betont.
Trotzdem: Allein die Tatsache, dass geprüft wird, lässt Naturschützer in Wilhelmshaven Alarm schlagen. "Das Gelände ist einzigartig", sagt etwa Jochen Martin vom Landesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (LBU). "Es wäre katastrophal, wenn die das platt machen." Daher hat Martin zusammen mit weiteren Naturschützern nun eine öffentliche Resolution herausgegeben. Unterschrieben haben sechs örtliche Initiativen, darunter neben dem LBU auch der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und der Naturschutzbund Deutschland (Nabu).
Sie alle fordern, dass der Voslapper Groden Süd Naturschutzgebiet bleibt. Dort lebten 91 geschützte Tier- und Pflanzenarten, die auf keinen Fall für den Tiefwasserhafen geopfert werden dürften. Zum Teil seien sie vom Aussterben bedroht. Unter den Tierarten ist auch eine alte Bekannte: die Rohrdommel.
Dieser Vogel hatte den Voslapper Groden Süd schon im Jahr 2005 zum Streitpunkt zwischen Naturschützern und Hafen-Planern gemacht. Weil die Brutgebiete der Rohrdommel-Pärchen direkt an die Bahntrasse des Jade-Weser-Ports angrenzen, mussten damals Pläne zum Schutz der Tiere her. Dadurch verzögerten sich die Bauarbeiten, die Hafengesellschaft baute schließlich entlang der Trasse eine fünf Millionen Euro teure Lärmschutzwand.
Auch heute, sieben Jahre später, sind Wilhelmshavens Naturschützer bereit, auf die Barrikaden zu gehen. Die Erweiterung der Gewerbeflächen sei völliger Unsinn, sagt Jochen Martin. Erst vor kurzen sei beschlossen worden, auf dem eigentlich so knappen Hafenareal unter anderem einen Autohof mit LKW-Parkplätzen zu bauen. Bisher habe sich mit der Firma Nordfrost gerade mal ein Betrieb dort angesiedelt. Weitere Interessenten seien bisher öffentlich nicht bekannt "Hier werden unnötig Flächen verlangt, die am Ende doch bloß jahrzehntelang leer stehen", sagt Martin.
Die Gegenseite versteht die ganze Aufregung nicht. "Es geht nicht um eine Erweiterung auf Vorrat", sagt Jan Miller von der Flächenvermarktung. "Wir müssen aber jetzt prüfen, wie wir die zukünftige Nachfrage decken können, denn ein solcher Prozess dauert Jahre." Außerdem sei der Voslapper Groden Süd ja ursprünglich auch als Industriegebiet gedacht gewesen.
Damit hat Miller grundsätzlich Recht: Das Gebiet wurde Anfang der 1970er Jahre extra dafür aufgeschüttet. Es sollte dort eine Fabrik entstehen, die aber nie kam. Für die Naturschützer zählt dagegen nur die Gegenwart. Während der fast 40 Jahre habe sich eine unersetzliche Tier- und Pflanzenwelt entwickelt. Die Initiativen vor Ort wollen sich nun weiter gegen die industrielle Nutzung des Gebiets wehren, notfalls mit Unterstützung ihrer jeweiligen Landesverbände.
Die werden sie wohl auch brauchen: Die Stadt Wilhelmshaven scheint auf der Seite der Jade-Weser-Port Logistics Zone GmbH zu sein. Nach Informationen der Naturschützer sucht sie bereits nach Ausgleichsflächen - sollte das Schutzgebiet wirklich dem Hafen weichen
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