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Jackson-HysterieZuflucht in der Sinnferne

Wie die Medien um die emotionalste Aufbereitung eines kulturellen Super-GAUs wetteifern - und warum der Tod des verblichene Popstars so heftige Emotionen auslöst.

Intellektuellensender Arte kippte eine Doku über "Die Falkenärztin von Abu Dhabi", die Times widmete ihm eine Sonderausgabe. Bild: reuters/time

"Los Angeles", fasste die BBC-Reporterin mit belegter Stimme ihren Bericht vom Ort des Geschehens zusammen, "befindet sich nach wie in Schockstarre." Den Eingang der Klinik, in der zwei Tage zuvor der Tod des King of Pop festgestellt worden war, umlagerten noch immer zahllose Trauernde. Viele wirkten desorientiert wie nach einem Luftangriff. Zuletzt hat es so etwas wohl gegeben beim Verlust der Queen of Hearts, Prinzessin Diana. Nur dass damals Elton John schon wenige Tage später die Kraft fand, "Goodbye Englands Rose" zum Vortrag zu bringen. Diesmal hat noch niemand gesungen. Vielleicht haben hysterische Menschen keine Lieder.

Dass Michael Jacksons Ableben Hysterie ausgelöst hat, lässt sich kaum bestreiten. Kondolenzbücher liegen in der virtuellen wie in der realen Welt aus. Weltweit berichten die Medien nach wie vor gefühlte vierundzwanzig Stunden am Tag über den Trauerfall. Von Belize bis nach Bottrop ersetzen Sondersendungen das geplante Programm. Der Intellektuellensender Arte kippte sogar eine Doku über "Die Falkenärztin von Abu Dhabi". Anscheinend wetteifern die Medien miteinander um die emotionalste Aufbereitung eines kulturellen Super-GAUs. Das treibt skurrile Blüten. So brüstete sich das Springer-Boulervardblatt BZ am Samstag damit, "als einzige Berliner Zeitung" die bestätigte Todesmeldung schon am Freitag auf dem Titel veröffentlicht zu haben. Kein Sensationsbrötchen ist so klein, dass man es nicht backen kann. Nun will niemand bestreiten, dass mit Michael Jackson ein hochbegabter Popmusiker von uns gegangen ist. Die "Generation Thriller" geht in ihrer Einschätzung noch weiter. In Nigeria - BBC World heißt nicht umsonst so - weinte ein Bürger ungeniert ins Mikrofon. "Im shocked! Er ist der erste Superstar meiner Generation, der uns verlassen hat!" Ja, das ist es! Hier wird man fündig, wenn man sich fragt, warum ein ganzer Planet tagelang weint, weil eine Ikone mit zweifelhaften Neigungen einem Herzanfall erlag: Wer Jacko betrauert, betrauert sich selbst.

Man muss ein wenig ausholen, um das zu begründen. Genau wie an seiner Zeit wirkte an Michael Jackson fast alles merkwürdig, irgendwie irreal. Dass der Vater ihn zum singenden Roboter abgerichtet hat, wird von manchen behauptet, die dabei waren. Vielleicht ist das der Stoff, aus dem der Moonwalk war, Jackos merkwürdig geniale Art, die Bühne zu beschreiten, als wäre nicht er es, der sich bewegt, sondern als würde er geführt von einem unerbittlichen Marionettenspieler. Es war nur einer von vielen Manierismen, darunter des Sängers groteskes Streben nach Depigmentierung; wollte man zynisch klingen, würde man sagen, Jacko sei schon Jahre vor seinem Tod verblichen.

Dem freilich war eine beachtliche Blüte vorausgegangen, und zwar - wohl kaum von ungefähr - in einer Dekade, die wie keine andere die Sinnferne zum Programm erhob. Auf welcher anderen Basis hätten Reagan und Thatcher den Neoliberalismus plausibel machen können? Der gesellschaftsphilosophische Umsturz der Achtziger - das war der eigentliche Thriller. Und dazu lieferte Michael Jackson Soundtrack und Choreografie. Man kann vermuten, dass die Generation, die sich im Wertekanon jener Jahre nicht wiedererkannte, Zuflucht fand bei "Billie Jean". Zu keinem anderen Sound ließ sich so gut abtanzen; und war das nicht besser, als bei der "Tagesschau" abzukotzen? Wir tragen ein wenig Heimat zu Grabe. So einfach - und so psychisch relevant ist das.

Bleiben die Kinder von "Neverland". Hat er oder hat er nicht? Dazu herrscht Schweigen. "Sein Stern wird für immer leuchten", befand Mariah Carey; kein Wort zu den dunklen Wolken, die ihn umhüllen. "Eine der einflussreichsten Ikonen", so Gouverneur Schwarzenegger. Sophia Loren begnügte sich mit dem Hinweis, sie sei "total verzweifelt". Ist so etwas diskret oder verlogen? Klaus Wowereit sprach zwar von einer "gebrochenen Persönlichkeit", Konkretes kam aber auch von ihm nicht. Das immerhin konnte man erwarten.

Aber war zu rechnen mit dem Artikel im Osservatore Romano? "Ist er wirklich tot?", fragte das Zentralorgan des Vatikans. Dort kennt man sich mit so etwas aus. Die Berichterstattung der vergangenen Tage zeigt freilich: Religiös sind nicht nur Gläubige. Irgendwann wird jemand auf der Straße nach Damaskus Jacko im Strahlengewand treffen. Da kommt noch was auf uns zu.

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12 Kommentare

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  • WT
    weiße Taube

    Nach fast 3 Jahren seit Michael Jackson tot ist, lese ich diesen Artikel und diese Kommentare. Für die meisten der hier gemachten Äußerungen schäme ich mich, denn ... sie wissen nicht was sie tun.

    Es stimmt, dieser Mann war sagenhaft! Aber - es gibt keine dunklen Seiten! Er war kein Pä..., er wurde das Opfer einer rassistischen amerikanischen Gesellschaft an dessen Spitze ein Staatsanwalt stand, der sein Ziel darin sah, Michael Jackson anzuklagen mit nichtssagenden und z.T. gefälschten Beweisen. Ganz zu schweigen von den Lügen der Familie A.. Presse und Medien haben das unterstützt, überall. Eklige Schlagzeilen verkaufen sich eben besser! Und so konnte es geschehen, dass die Menschen ein verzerrtes, falsches Bild von diesem Mann bekamen. Millionen Dollar Steuergelder wurden für ein Gerichtsverfahren verschwendet, welches hätte nie stattfinden dürfen! Michael Jackson wurde schlussendlich in allen Anklagepunkten für unschuldig befunden.

    Michael Jackson hat sehr viele Wohltätigkeitsorganisationen unterstützt. Er hat Unsummen gespendet für arme und kranke Kinder, hat Operationen bezahlt, hat nach seinen Konzerten Kinderheime und Krankenhäuser besucht und Geschenke verteilt - hat ihnen Zeit gewidmet!

    Michael Jackson war ein Ausnahmekünstler und Menschenfreund. Einen wie ihn, wird es nie wieder geben.

  • WT
    weiße Taube

    Nach fast 3 Jahren seit Michael Jackson tot ist, lese ich diesen Artikel und diese Kommentare. Für die meisten der hier gemachten Äußerungen schäme ich mich, denn ... sie wissen nicht was sie tun.

    Es stimmt, dieser Mann war sagenhaft! Aber - es gibt keine dunklen Seiten! Er war kein Pä..., er wurde das Opfer einer rassistischen amerikanischen Gesellschaft an dessen Spitze ein Staatsanwalt stand, der sein Ziel darin sah, Michael Jackson anzuklagen mit nichtssagenden und z.T. gefälschten Beweisen. Ganz zu schweigen von den Lügen der Familie A.. Presse und Medien haben das unterstützt, überall. Eklige Schlagzeilen verkaufen sich eben besser! Und so konnte es geschehen, dass die Menschen ein verzerrtes, falsches Bild von diesem Mann bekamen. Millionen Dollar Steuergelder wurden für ein Gerichtsverfahren verschwendet, welches hätte nie stattfinden dürfen! Michael Jackson wurde schlussendlich in allen Anklagepunkten für unschuldig befunden.

    Michael Jackson hat sehr viele Wohltätigkeitsorganisationen unterstützt. Er hat Unsummen gespendet für arme und kranke Kinder, hat Operationen bezahlt, hat nach seinen Konzerten Kinderheime und Krankenhäuser besucht und Geschenke verteilt - hat ihnen Zeit gewidmet!

    Michael Jackson war ein Ausnahmekünstler und Menschenfreund. Einen wie ihn, wird es nie wieder geben.

  • O
    ole

    Hmmm also wenn ich Merkel, Steinmeier, Pofalla und Konsorten nicht sehen möchte, lasse ich einfach die entsprechenden Sendungen weg. Das kann ja nicht so schwer sein.

    Und sorry, aber wann und wo bitteschön wurde in letzter Zeit (zu Lebzeiten) mal was von Michael Jackson gezeigt? Nun ist er tot und die ganze Sache legt sich auch mal wieder. Man wird es verkraften, kein Grund sich aufzuregen.

  • A
    Anna

    Ich gehöre nicht zu der Generation Thriller, und dennoch kann ich den Kommentar von Ina Stachelhaus gut verstehen.

    Er war ein Künstler, aber auch, wie Henning Scherf das kürzlich gesagt hat, ein "Getriebener", hemmungslos ausgenutzt von der Musikindustrie, letztlich eine Marionette, ein ganz armes Würstchen, ohne irgendeinen hilfreichen therapeutischen Schutz seiner gebrochenen Psyche und seiner damit verbundenen destruktiven Verhaltensweisen.

  • S
    sjb

    Prima, hatte mich seit Wochen auf die GEO Reportage über die Falkenärztin gefreut und dann DAS!! Bin sehr enttäuscht von arte.

  • E
    Enrique

    Das ganze um den Tod dieser Nase finde ich total übertrieben und nervend!!

  • V
    vic

    Es ist schwer zu ertragen zurzeit. Wann immer ich Rundfunk, TV oder Presse höre, sehe, lese, dann ist da Merkel, Steinmeier, Pofalla oder Jackson.

    Hab sie alle satt.

  • J
    Jay

    Müsst ausgerechnet Ihr von der TAZ so ein Wortverbrechen wie 'Super-GAU' begehen?

  • IS
    ina stachelhaus

    Ich gehöre auch zur "Generation Thriller". Mir ist es schleierhaft, warum mir sein Tod nah geht. Ein Stück von mir ist gestorben? Ich weiß nicht...

    Für mich war er in den letzten Jahren auch nur noch eine skurile, kranke, mitleiderregende Erscheinung.

    Vielleicht macht mich betroffen, das ich sein Genie vergessen hatte.

    Ich sehe kein fern, höre Deutschlandfunk und lese ab und an die taz. Ich gerate sicher nicht in Verdacht, durch die Medien emotional aufgeschaukelt zu werden.

    Aber nun sitze ich hier und sehe mir auf youTube seine Videos an und denke, er war sagenhaft.

    Und ich meine, er war es deshalb, weil er auf der Bühne - und nur dort! - gelebt hat.

     

    Was die dunklen Seiten angeht...da wird doch kein Mantel des Schweigens ausgebreitet, es wissen doch alle Bescheid.

     

    Aber eine Zeitung, wie die taz darf ja nicht unkritisch in den Chor der Huldigungen miteinstimmen, nicht wahr?

    Und der letzte Absatz ist auch so etwas von vorhersehbar typisch.

  • KK
    Klaus Keller

    Super-GAU? ein Gau ist ein Größter Anzunehmender Unfall. Seinen Tot Super zu nennen ist etwas übertrieben:-) Ich muß zugeben als ich die Nachricht das erste mal höhrte dachte ich wirklich -na endlich- größter Popstar aller Zeiten der vermutlich nie gepoppt hat, hat so viel Geld und doch die ärmste Sau im Universum,eine Stimme die mich immer genervt hat das brimborium um seine Person ählich bescheurt wie bei Prince oder andren Größen.

    Ich vermute für manche wird das post mortem doch noch ein riesen Geschäft.

    Er hätte es wie Mozart, Hendrix oder James Dean machen sollen. Jung sterben !

     

    Klaus Keller Hanau

  • KK
    Klaus Keller

    Super-GAU? ein Gau ist ein Größter Anzunehmender Unfall. Seinen Tot Super zu nennen ist etwas übertrieben:-) Ich muß zugeben als ich die Nachricht das erste mal höhrte dachte ich wirklich -na endlich- größter Popstar aller Zeiten der vermutlich nie gepoppt hat, hat so viel Geld und doch die ärmste Sau im Universum,eine Stimme die mich immer genervt hat das brimborium um seine Person ählich bescheurt wie bei Prince oder andren Größen.

    Ich vermute für manche wird das post mortem doch noch ein riesen Geschäft.

    Er hätte es wie Mozart, Hendrix oder James Dean machen sollen. Jung sterben !

     

    Klaus Keller Hanau

  • I
    Inge

    Endlich mal ein Kommentar ohne diese verlogenen Huldigungen! Ein Kranker Typ! Und nun hat die Quälerei ein Ende. AMEN!