Jack Wolfskin überdenkt weitere Abmahnungen: Wolf gibt Pfötchen
Jack Wolfskin zahlt bei weiteren Kleinanbietern Abmahnkosten zurück - auch in bereits abgeschlossenen Fällen. Tatzen-Motive dürfen aber trotzdem nicht mehr benutzt werden.
BERLIN taz | Nach Protesten im Internet hat Jack Wolfskin seine Abmahnkampagne zurückgefahren. Während der vergangenen Woche wurde aber auch bekannt, dass nicht nur die Hobby-Bastler auf Dawanda.de betroffen waren, sondern auch andere Kleinanbieter. So schrieb der Nutzer "stefan" auf Werbeblogger.de er sei für eine Tatze mit "drei Gliedern, keinen 'Nägeln' und runder Form" abgemahnt worden und habe Anwaltskosten in Höhe von 300 Euro gehabt.
Allerdings hat Jack Wolfskin nun auch in mehreren Fällen solche Kleinunternehmer kontaktiert, um mit ihnen zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen. Beispielsweise wurde die Studentin Melanie B. aus Wuppertal anfgerufen. Sie hatte im Internet T-Shirts mit einem Tatzenaufdruck angeboten und musste 1.800 Euro zahlen. Seit Mai zahlten ihre Eltern monatlich 200 Euro an Jack Wolfskin.
"Ich habe heute einen freundlichen Anruf von Jack Wolfskin bekommen," sagte Melanie B. der taz. "Sie haben gesagt, dass ich das schon gezahlte Geld zurück bekomme und den Rest nicht zahlen muss. Ich habe mich riesig gefreut, dass das alles ein gutes Ende genommen hat. Darauf werde ich heute Abend gewiss anstoßen."
Melanie B. und "stefan" hatten ihre T-Shirts auf Spreadshirt.net angeboten. Im Frühjahr hatte es dort mehrere Abmahnungen von Jack Wolfskin gegeben. So wurden beispielsweise auch die Entwürfe von Bearwear.nl vom Netz genommen, da deren Bärentatze dem Jack-Wolfskin-Logo zu sehr ähnelte. Der Besitzer der Seite, Jos Leene, sagte, er habe nun eine Mail erhalten, die einen Vergleich anbietet: "Jack Wolfskin prüft jetzt alle Logos von Bearwear, um zu entscheiden, ob die Entwürfe geduldet werden können."
Spreadshirt.net bestätigte die Fälle. "Es ist wahr, dass wir da mehrere, auch aktuelle, Fälle haben," sagte Sprecher Andreas Milles. "Allerdings möchten wir uns nicht dazu äußern, da wir uns ja noch juristisch damit auseinander setzen." In allen Fällen sei auch Spreadshirt als "Mitstörer" beteiligt. Nach den Berichten der vergangenen Woche scheint es aber, als würde Jack Wolfskin's harte Linie sich langsam aufweichen: Spreadshirt hofft nun darauf, diese Fälle im Gespräch zu klären.
Auch Jack Wolfskin hielt sich noch bedeckt. "Es ist richtig, dass zur Zeit im Haus Kostenerstattungen auf Angemessenheit überprüft werden", sagte Sprecherin Ingola Metz. "Dabei handelt es sich auch um zurückliegende, bereits abgeschlossene Fälle von Markenrechtsverstößen durch Kleingewerbe." Nach welchen Kriterien genau das passiere, war nicht zu erfahren.
Wie bei den Dawanda-Anbietern, gilt natürlich auch hier, dass die Designer künftig keine Motive verwenden, die der Wolfskin-Tatze ähneln. Zwar sind die Kleinstunternehmer zunächst von verhältnismäßig hohen Kosten erspart, die Praxis wird aber grundsätzlich weiter diskutiert.
"Ich glaube da kommen grundlegende Überlegungen auf uns zu," sagt Andreas Milles von Spreadshirt. "Wenn T-Shirts heute so einfach zu bedrucken sind, kann man sie nicht mehr wie Bonbon-Papiere behandeln - sie sind zum Medium geworden. Da stellt sich schon die Frage, ob hier das Markenrecht nicht der Meinungsfreiheit entgegen steht."
Auch der Betreiber von Werbeblogger.de, Roland Kühl-von Puttkamer, wünscht sich eine Gesetzesänderung - wenn auch eine andere. "Natürlich müssen Marken auch geschützt werden", sagte er. "Aber wir haben ein höchst problematisches Abmahnrecht. Der Einzefall ist nun geklärt, aber morgen könnte es wieder losgehen."
Leser*innenkommentare
bizbam
Gast
ich schneid mir jetzt das wolfskin-logo aus der jacke oder nähe mir ein stinkefinger-patch drauf.
Melanie B.
Gast
Ich melde mich dann auch noch mal zu Wort:
so sehr ich mich auch freue, dass das Geld an mich bzw. meine Eltern zurückgezahlt wird; ein bitterer Beigeschmack bleibt bestehen. Die Anwaltskosten von ca. 700 € zahlt mir niemand zurück! Wäre man bei JW von Anfang an so verfahren, dass erst das Gespräch gesucht wird bevor man kostenpflichtige Abmahnungen verteilt, dann wäre mir dieser unangenehme Kostenpunkt erspart geblieben!
Ober-Tatze
Gast
Jack Wolfskin und die Tatze. An die chinesische Internet-Firma "Baidu" trauen die sich mit Sicherheit nicht ran. Die haben als Logo auch ne Tatze. Im Verhältnis zu Baidu ist Wolfskin ein Schoßhündchen und Baidu der Bär.
http://www.baidu.com/
no*dice
Gast
@noX
borniert ist noch milde ausgedrückt.
no*dice
Gast
Na mal schauen ob mein Kommentar diesmal genehmigt wird.
Taz kann sich gleich hinten anstellen. Wer solche Schreiberlinge hat:
http://www.spreeblick.com/2009/10/30/stellungnahme-von-eva-schweitzer-zur-blog-abmahnung/
GRüße
Taz! Immer vorne weg und hinten an!
Diana
Gast
Ein Tatzenabdruck is ein Tatzenabdruck, der lässt sich gar nicht grossartig variieren und wenn schon "ähnliche" Abdrücke verboten sind, dann hat Jack Wolfskin quasi das Monopol auf eine Form, die die Firma nicht mal erfunden hat, sondern die seit Urzeiten "Allgemeingut" ist. Und genau das ist das Problem, dass man solche Formen - übrigens auch Wörter aus dem Allgemeinen Sprachgebrauch - überhaupt schützen lassen kann.
Heute wo jede Nase mit Textilmarkern ein T-Shirt beschriften und bezeichnen kann, macht sich theoretisch auch jede zweite Nase potentiell strafbar. Das kann so nicht angehen, eine Gesetzesänderung wäre hier dringend von Nöten. Schützbar solten nur Formen und Begriffe sein, die eine erkennbare, eigene schöpferische Leistung des Patentinhabers aufweisen, wo also Ähnlichkeiten oder Kopien kein Zufall mehr sein können, oder zummindest eher weniger.
no*dice
Gast
Da kann die Taz gleich mal nachziehen und sich rechtfertigen...what comes arround goes arround:
http://www.spreeblick.com/2009/10/29/journalistin-lasst-blog-abmahnen-fordert-1-200-euro-schadensersatz-fur-textzitate/#more-24067
dieDiwa
Gast
@ hendrik
warum "gähn"?
bei d.adams war das ein riesen lacher
HartmuK
Gast
Hei,
habe gerade den link von noX ueberflogen.... jetzt bin ich gespannt, was die taz dazu meint - für Schweigen gibt's dicke Minuspunkte - von wegen Doppelmoral und so ...
Abmahner finde ich zum K..... egal ob von rechts, links, aus der Wildnis oder aus Berlin; aber vielleicht klärt sich ja alles auf? Bin gespannt!!!! Wenn keine Antwort kommt, verleihe ich Euch den 'Goldenen Schily'.
Lieber Nackt als Wolfshaut
Gast
Bei Blackwater gäbs wohl mehr als 1200€ zu holen:
http://proshop.blackwaterusa.com/
Aber an die Großen traut man sich wohl nicht ran, noch dazu wenn sie bewaffnet sind und keinerlei Kontrolle unterliegen. Dann schon lieber Kleinstunternehmern ein paar Euro aus der Tasche saugen um die Bilanzen aufzumöbeln. Keine Patente auf Leben und kulturelles Allgemeingut!
Trystyng
Gast
Trotzdem kann man von so einer Firma noch den ein oder anderen Kniff lernen. Nicht wahr, Frau Schweitzer?
padeluun
Gast
Ich war immer überrascht, dass die Firma Jack Wolfskin die Panther-Tatze der taz auf ihre Kleidung druckte ... (wer erinnert sich noch ;-)
Von den Beispielen, die ich bisher aus den Medien kenne, habe ich (ohne mich länger gesucht zu haben) noch keines gesehen, das wirklich 'abmahnfähig' gewesen wäre. Vielleicht sollten sich Leute weniger schnell ins Boxhorn jagen lassen. Genauso wenig, wie die Telekom mir verbieten kann (und will), die Farbe Magenta zu verwenden, bedeutet der Abdruck einer Tatze eine "Verletzung der Bildmarke Jack Wolfskin". Also: Don't be silly, don't pay for nuts.
esel
Gast
Was soziale u. ökologische Unternehmensverantwortung bei der Herstellung angeht:
Andere Hersteller sind leider vermutlich kaum besser.
J. W. zeigt auch beispielhaft, wie 'greenwashing' geht: Weder besonders fair noch besonders ökologisch produzieren lassen, aber dafür das ICE Jugendcamp unterstützen, eine UNEP-Initiative für Jugendliche für ein umweltbewusstes Verhalten bzw. einen sparsamen Umgang mit Ressourcen.
Daniel W.
Gast
Jack Wolfskin hat meinen Hund abgemahnt. Dem Armen müssen nun die Tatzen amputiert werden. :(
andre
Gast
Hallo liebe TAZ, die Abmahngeschichten kommen ja wieder anscheinend in Mode, siehe:
TAZ Bloggerin Eva Schweitzer
bEn
Gast
Lobenswert wäre, wenn die taz auch über die Abmahnpragis der eigenen MitarbeiterInnen so ausführlich berichten würde.
Wassollndas
Gast
Die wollen jetzt ernsthaft prüfen, ob eine Wolftatze so aussieht wie eine Bärentatze.
*Kopfschüttel*
Ian Bellyn
Gast
@hendrick
Aber zum Glück gibt es ja dich, der es ergänzt!
Shirtissimo ("stefan")
Gast
also ich bin der oben zitierte nutzer "stefan".
ich habe bisher noch keine nachricht von jack wolfskin erhalten. vielleicht sollte ich da nochmal nachhaken!
Gerhard
Gast
Alleine, dass JW das Recht haben soll, Abmahnungen zu überdenken ist ein Skandal! Tatzen, Pfoten etc. dürften überhaupt nicht geschützt werden können – und wenn, dann ausschließlich im Zusammenhang mit dem Firmennamen. Wenn Verwechslung oder Verwässerung nicht ausgeschlossen werden können, wie wär’s mit Kreativität und einem neuen Firmenlogo? Markenschutz auf Fußabdrücke ist ebenso pervers wie Patente auf Leben.
Der Verbraucher hat es in der Hand dieser Firma in Heuschreckenbesitz die Quittung zu geben.
wnär
Gast
höchst interssanter link, nox, er hat meine aufmerksamkeit für einige zeit gefesselt. stellungnahme der taz wünsche ich mir...
hendrik
Gast
ich gratuliere der taz, dass sie erstmals in einem artikel über dieses thema NICHT mit ihrem eigenen uninteressanten rechtsstreit (, den sie verloren hat, obwohl doch herr xy viel früher die tazze erfunden hat nur nicht patentieren hat lassen *gähn) gekommen ist!
Bubi
Gast
Ist das nicht genaua wie bei der Telekom-Übelei, wo man versuchte den Magenta-Farbton zu schützen?
Wohl.
noX
Gast
Müssen wir jetzt eigentlich auch die taz boykottieren? Ziemlich grotesk das ganze...
http://www.spreeblick.com/2009/10/30/stellungnahme-von-eva-schweitzer-zur-blog-abmahnung/
Abstimmung mit meinem Euro
Gast
Unternehmensverantwortung
Unter http://de.wikipedia.org/wiki/Jack_Wolfskin findet man ein paar interessante Informationen über diese Firma. Ich werde von denen nie ein Produkt kaufen.