JVA Plötzensee: Mit Hammer und Flex in die Freiheit
Vier Häftlinge sind aus der Justizvollzugsanstalt Plötzensee geflohen. Ein Loch in der Mauer zeugt von der offenbar gut geplanten Flucht.
Berlin (dpa/bb) – Aus dem Loch ragten nach Außen gebogene Stahlträger. Davor liegt herausgebrochenes Baumaterial und ein Kleidungsstück. Zeugnisse eines filmreifen Ausbruchs aus der Justizvollzugsanstalt Plötzensee, der vier Häftlingen am Donnerstagmorgen gelungen ist. Die Polizei fahndete nach den Männern – bis zum späten Mittag erfolglos. Zuerst hatte die Tageszeitung B.Z. über den Ausbruch berichtet.
Die vier geflohenen Gefangenen haben sich den Weg in die Freiheit mit Hilfe schwerer Werkzeuge gebahnt. Die Männer zerschlugen in einem Heizungsraum zunächst den Betonmittelpfosten einer Lüftungsöffnung an der Außenmauer mit einem schweren Hammer, wie Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) und Anstaltsleiter Uwe Meyer-Odewald am Donnerstag mitteilten. Dann zersägten sie die Stahlträger unter dem Beton mit einem Trennschleifer. Schließlich zwängten sie sich durch die enge Öffnung ins Freie und krochen unter dem Außenzaun des Gefängnisses in die Freiheit.
Die Ausbrecher sind den Angaben zufolge zwischen 27 und 38 Jahre alt und saßen wegen Straftaten wie Diebstahl, räuberischer Erpressung oder schwerer Körperverletzung hinter Gitter. Sie arbeiteten am Morgen in einer Autowerkstatt, die auf dem Gefängnisgelände liegt und an den fraglichen Heizungsraum grenzt. Dort gelangten sie auch an die Werkzeuge. Wie sie allerdings in den laut Anstaltsleitung üblicherweise verschlossenen Heizungsraum gelangen konnten, sei noch unklar.
Der Ausbruch dauerte gerade mal drei Minuten, wie es hieß. Eine Kamera, die die Eingangspforte der Autowerkstatt überwacht, filmte nach Justizangaben die Aktion um 8.49 Uhr zufällig, weil das Bild im Hintergrund auch die Lüftungsöffnung erfasst. Gleichwohl wurde nach Angaben von Anstaltsleiter Meyer-Odewald erst gegen 9.30 Alarm ausgelöst.
Die CDU gab dem Senat die Schuld für den Ausbruch. Der Vorfall sei ein „Super-GAU“ für Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne), hieß es in einer Pressemitteilung der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus. „In früheren Zeiten haben Justizsenatoren bei solchen Ereignissen ihr Amt zur Verfügung gestellt“, schrieb die Fraktion. Behrendt wollte am Nachmittag bei einer Pressekonferenz über Ausbruch und Fahndung berichten.
In dem Gefängnis in Berlin-Charlottenburg sind derzeit nach Justizangaben 362 Personen inhaftiert. Es ist nicht das erste Mal, dass die Haftanstalt in die Schlagzeilen gerät. Erst im September hatte ein Gefangener dort eine Matratze in Brand gesteckt und damit einen Großeinsatz der Feuerwehr ausgelöst.
Der Gefängnisstandort hat eine düstere Historie: Die NS-Justiz richtete im Strafgefängnis Plötzensee am Rande des Geländes der heutigen JVA rund 3000 Menschen hin, darunter Beteiligte des gescheiterten Mordanschlags auf Adolf Hitler im Juli 1944. Heute erinnert eine Gedenkstelle an die Ermordungen durch die Nationalsozialisten.
Leser*innenkommentare
A. Müllermilch
Mit einer Flex sägt man nicht. Im Stahlbeton sind keine Stahlträger sondern relativ dünne Bewehrungsstähle. Schließlich sollte man den Anschlag auf Hitler - der in d nicht ganz zu unrecht als vorbildhaft gefeiert wird - nicht als "Mord"anschlag bezeichnen. Die Attentäter wären im Falle des Gelingens sicher keine Mörder gewesen.