J. D. Vance fliegt selbst nach Grönland: Militärbasis statt Schlittenhunderennen
Die Charme-Offensive der Second Lady ist abgesagt. Das Weiße Haus entscheidet sich für eine weniger provokante Reise.
Offiziell ignorierte die US-Regierung damit erneut die Tatsache, dass die Reaktionen aus Grönland eindeutig abweisend waren. Eine „diplomatische Kriegserklärung“ nannte es der US-Korrespondent des Dänischen Rundfunks DR zunächst.
Wenig später wurde aber deutlich, dass das Weiße Haus das ganze Profil der Reise ändert; Der Besuch der Second Lady beim großen Schlittenhunde-Rennen Avannaata Qimussersuahatten ist abgesagt. Sie begleite ihren Mann stattdessen zum US-Stützpunkt Pituffik im Nordwesten Grönlands.
Die geschäftsführende grönländische Regierung meldete zudem, dass die ursprünglich angemeldete Delegationsreise, zu der auch der nationale Sicherheitsberater Michael Waltz und Energieminister Chris Wright gehört hätten, gar nicht stattfände.
Grönland kritisiert Reisepläne als „respektlos“
Sowohl Nochregierungsschef Múte B. Egede als auch der wahrscheinliche künftige, Jens-Fredrik Nielsen, hatten die Pläne als respektlos kritisiert und jegliche offizielle Treffen abgelehnt. Möglicherweise hat Washington die grönländische Empörung also doch wahrgenommen, auch wenn das nicht aus Vances Video hervorging. Der Besuch einer eigenen Militärbasis gibt diplomatisch aber ein anderes Bild ab als eine unwillkommene Charmeoffensive beim grönländischen Volk, dessen Land man hartnäckig für sich beansprucht.
Der Weltraumstützpunkt Pituffik der U.S. Space Force, bis 2023 Thule Air Base, ist der nördlichste Stützpunkt des US-Verteidigungsministerium. Er entstand Anfang der 1950er Jahre nach Abschluss eines Verteidigungsvertrags zwischen den USA und Dänemark und dient heute der Raketenwarnung, Raketenabwehr und Weltraumüberwachung.
Er wolle vor Ort nach der Sicherheitslage gucken, so beschrieb es Vance in seinem Video. „Viele andere Länder haben Grönland gedroht“, behauptete er. „Sie haben gedroht, sein Gebiet und seine Wasserwege zu nutzen, um die USA und Kanada zu bedrohen, und natürlich die Menschen von Grönland.“ Vance beschuldigte sowohl Dänemark als auch frühere US-Regierungen, Grönland zu lange ignoriert zu haben.
Dänemark froh über amerikanische Reiseplanänderung
Dänemarks Außenminister Lars Løkke Rasmussen äußerte sich am Morgen im Radiokanal P1 dennoch zufrieden: „Ich halte es für ausgesprochen positiv, dass die Amerikaner ihren Besuch in der grönländischen Zivilgesellschaft absagen.“ So einen Besuch könne die politische Spitze nicht einfach uneingeladen machen. Gegen einen Besuch auf deren eigenem Stützpunkt sei hingegen nichts einzuwenden, so der dänische Außenminister.
Nach der Parlamentswahl vom 11. März stecken die grönländischen Parteien derzeit noch in Koalitionsverhandlungen, zugleich stehen die Kommunalwahlen bevor – der Zeitpunkt der ursprünglich angekündigten Reise allein hatte in Grönland schon starke Reaktionen ausgelöst.
„Eine Einmischung und eine Verletzung demokratischer Grundsätze“, hatte Múte B. Egede es genannt. „Freunde und Verbündete gehen nicht so miteinander um. Wir müssen Grenzen setzen.“
USA sponsern grönländisches Schlittenhundrennen
In Grönland wurde am Dienstag außerdem klar, dass Usha Vances Begeisterung für das Schlittenhunderennen Avannaata Qimussersuahatten womöglich nicht aus dem Nichts kam. In ihrem Video erklärte sie sich stolz, dass die USA Sponsor dieses wichtigen Ereignisses in Grönland seien.
Über die Art und Höhe dieses Sponsorings wurde danach in Grönland viel gerätselt. Die Veranstalter des Rennens sagte, man habe kein Geld bekommen – bestätigte dann aber, dass das US-Konsulat in Nuuk für Flüge der Teilnehmenden bezahlt hätte, worin er kein Problem gesehen habe. Von Kritikern jedoch wurde das als Versuch der USA gewertet, sich mit Geld bei den Grönländern einzuschmeicheln.
Am Dienstag berichtete nun KNR, dass die Veranstalter selbst eine Einladung zum Schlittenhunderennen an das US-Verteidigungsministerium geschickt hätten. Darin habe unter anderem gestanden, die Anwesenheit des US-Verteidigungsministers würde die Veranstaltung nicht nur bereichern, sondern auch die starken internationalen Beziehungen in der arktischen Region und darüber hinaus unterstreichen.
Ob und in welchen Schritten der nun veröffentlichte Brief zu den gerade wieder abgesagten Plänen der Second Lady führte, ist unklar. Der grönländische Politiker und Autor Aqqalyk Lynge hatte zuvor im Norwegischen Rundfunk gesagt, es sei möglich, dass die Organisatoren sie eingeladen hätten und dass die USA die Situation dann politisch ausnutzten.
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