Italiens zerrüttete Linke: Einigkeit erst in der Opposition

Statt sich gegen die Allianz der Rechten zu sammeln, werden sich Italiens Mitte-links-Kräfte bald in der Opposition treffen. Geeint in Machtlosigkeit.

Enrico Letta hebt die Hand

Vergeblich seit Monaten auf ein linkes Feld zugearbeitet: Enrico Letta Foto: Remo Casilli/reuters

Es scheint fast von der italienischen Rechten bestellt, was das Mitte-links-Lager im Vorfeld der Parlamentswahlen gerade veranstaltet. Während die Rechte sich ruckzuck zur Allianz formierte, in der die postfaschistische Fratelli d’Italia (Brüder Italiens) unter Giorgia Meloni, die fremdenfeindliche Lega unter Matteo Salvini und Silvio Berlusconis Forza Italia gemeinsam antreten, tritt Mitte-links gleich doppelt gespalten an.

Seit Monaten hatte Enrico Letta, Chef der größten Kraft dort, der gemäßigt linken Partito Democratico (PD), auf die Schaffung des „Campo largo“, des „breiten Felds“, hingearbeitet. Wäre es nach ihm gegangen, sollte ein breites Bündnis von der radikalen Linken über die Fünf Sterne und die PD bis hin zu Partnern aus der politischen Mitte entstehen: ein Bündnis, das der Rechten hätte Paroli bieten können.

Doch erst klinkten sich die Fünf Sterne aus, als sie der Regierung Draghi im Juli das Vertrauen verweigerten, getrieben von der Panik, am Wahltag von den Bür­ge­r*in­nen abgestraft zu werden für zu große Regierungstreue. Es war ein wahlarithmetisches Kalkül, das den Erfolg der eigenen Liste vor den Sieg über die Rechte stellte.

Aus ganz ähnlichen Gründen scheiterte jetzt auch der Pakt, den Letta mit den beiden kleinen Mitte-Parteien +Europa und Azione geschlossen hatte. Die Unterschrift war noch nicht trocken, da kündigte Carlo Calenda, Chef der Azione, die Allianz schon wieder auf. Mit einem „dritten Pol“ der Mitte rund um seine Partei erhofft er sich nämlich 10 Prozent und mehr.

Die bekommt er womöglich, so wie auch die separat antretenden Fünf Sterne. Italien aber bekommt mit nunmehr fast absoluter Sicherheit eine Regierung, in der stramme Rechts­po­pu­lis­t*in­nen dominieren werden. Aus Lettas „breitem Feld“ ist ein schmales Feldchen geworden.

Doch nach dem 25. September werden sich die Mitte-links-Kräfte wieder geeint finden: auf den Oppositionsbänken – geeint in ihrer Machtlosigkeit gegenüber einer Rechten, die auf eine übermächtige Mehrheit der Parlamentssitze hoffen kann.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Promovierter Politologe, 1985-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Unis Duisburg und Essen, seit 1996 als Journalist in Rom, seit 2000 taz-Korrespondent, daneben tätig für deutsche Rundfunkanstalten, das italienische Wochenmagazin „Internazionale“ und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.