Italiens Trainer Donadoni droht das Aus: Schinken und Zweifel

Gegen Rumänien geht es für Italiens Trainer Roberto Donadoni nicht nur ums Weiterkommen: Kommt sein Team nicht ins Halbfinale, endet sein Vertrag.

Als Nachfolger des Weltmeister-Trainers hat Roberto Donadoni einen schweren Stand. Bild: rtr

OBERWALTERSDORF taz Der Commissario tecnico ist ein schüchterner Mann. Roberto Donadoni muss der Trubel im Casa Azzurri doch sehr befremden. Nach den Pressekonferenzen in der Bettfedernfabrik in Oberwaltersdorf bei Wien werden die Protagonisten der italienischen Auswahl durch eine üppige Lounge-Landschaft geführt, und da ist Remmidemmi: Der DJ spielt ohrenbetäubend laut Macy Grays Hit "I try", drei dutzend Fans und Hostessen umringen die Fußballer und deren Trainer. Die Kamerateams balgen sich um die Bilder. Donadoni flüchtet schneller, als seine Stürmer sprinten, vorbei an wie zufällig hindrapierten Blondinen und Brünetten, vorbei an der Campari-Bar und dem Espresso-Ständchen, vorbei an drei Tischfußballtischen und zwei ganzen Schinken aus Parma.

Roberto Donadoni steht unter Beobachtung, nach dem 0:3 gegen die Niederländer wird der Commissario regelrecht observiert. Erneut keimen in Italien Zweifel auf, ob Donadoni der Aufgabe gewachsen ist. Der Coach der Squadra hat als Vereinstrainer noch weniger Erfolge vorzuweisen als der deutsche Bundestrainer Joachim Löw - das macht die Sache nicht einfacher.

Der 44-Jährige hat den Drittligisten Lecce trainiert, dann den FC Genua, aber nicht lange, nach drei aufeinander folgenden Niederlagen wurde er entlassen. Es folgte ein Engagement in Livorno, dem Kultklub der italienischen Linken, den er, der frühere AC-Milan-Profi, 2005 auf Platz acht der Serie A führte. Ein Jahr später stand der Klub auf Rang sechs, als Donadoni das Handtuch warf; er hatte sich mit Präsident Spinelli überworfen.

Und dann ist da noch Donadonis Vorgänger, Marcello Lippi, der Weltmeister-Coach. "Benedikt XVI. und ich haben das gleiche Problem. Er musste auf Johannes Paul II. folgen und ich auf Lippi", hat Donadoni einmal gesagt. Italien, an autokratische und altvordere Teamchefs vom Schlage eines Giovanni Trapattoni, Cesare Maldini oder Arrigo Sacchi gewöhnt, tut sich schwer mit dem jungen wortkargen Mann aus Bergamo, der Pragmatismus und Fleiß zu seinen hervorstechenden Tugenden zählt.

Im Verband hat er in seinem alten AC-Kollegen Demetrio Albertini einen Fürsprecher, doch die Vorbehalte sind groß, weswegen sich Donadonis Vertrag erst mit dem Erreichen des EM-Halbfinales verlängert. Grenzenloses Vertrauen in den Trainer sieht anders aus. Im Schlüsselspiel gegen Rumänien (ARD, 18 Uhr) geht es für Donadoni um seine Zukunft als Commissario.

"Ich höre immerzu, ich bin nicht so überheblich, dass ich glaube, immer Recht zu haben", sagt Donadoni, der in den letzten Tagen etliche Lektionen von Journalisten erhalten hat, die sich naturgemäß für Taktikfüchse halten. Ihm wird dringend geraten, seine Startelf umzubauen. Ob es nun die Gazzetta dello Sport ist oder die Repubblica, es wird darauf gedrängt, dass Alessandro Del Piero und Fabio Grosso von Beginn an auflaufen, dass Marco Materazzi auf der Bank Platz nehmen und sich die Einstellung des Teams ändern möge. Wie ein Weltmeister sollen sie auftreten, die müden Helden von Berlin. Man baut darauf, dass Italien in wichtigen Spielen guten Fußball spiele. Besonders Mutige, darunter Donadoni, rechnen Rumänien zu der Sorte Aufbaugegner, der ihnen die Sache leicht machen werde.

Luca Toni ist vorsichtiger. Im schwülen Presseraum prasseln die Fragen auf ihn ein, doch der Angreifer bleibt gelassen. "Es ist nicht so wichtig, wer spielt und gegen wen wir spielen", sagt er, "es ist wichtig, wie wir spielen." Auch interessiert es Toni nicht, ob er Teil eines 4-4-2- oder eines 4-3-3-Systems ist, "kein Tor kriegen und eines schießen", das sei die Maßgabe.

Das Verhältnis zum Trainer habe sich nicht, wie behauptet, abgekühlt, sagt er, im Gegenteil, "wir sind nach dem Holland-Spiel enger zusammengerückt". Aber nicht nur das, "wütend" sei die Mannschaft auch. Aber das kann man ihm nicht abnehmen. Luca Toni ist das Gegenteil von wütend. Bei Roberto Donadoni weiß man das nicht so genau.

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