Italiens Linke wählt neue Spitze: US-Modell oder Good Old Europe
Bei der Urwahl der italienischen Opposition am Sonntag geht es um mehr als bloß den nächsten Parteichef. Abgestimmt wird auch über die zukünftige Struktur des linken Lagers.
Am Sonntag sind Mitglieder und Anhänger der Demokratischen Partei in ganz Italien aufgerufen, per Urwahl den neuen Parteichef und damit linken Oppositionsführer zu küren. Drei Kandidaten treten an, doch nur zweien wird Aussicht auf Erfolg eingeräumt: dem früheren Christdemokraten Dario Franceschini und dem früheren Linksdemokraten Pierluigi Bersani.
Der 58-jährige Bersani, der seine Karriere noch in der glorreichen Kommunistischen Partei Italiens begonnen hatte, und der 51-jährige Franceschini sind beide schon seit mehr als 30 Jahre im politischen Geschäft. Sie kämpfen jetzt - erstmals in der Geschichte der noch jungen Demokratischen Partei - in einer offenen Konfrontation um die Parteiführung. Schon zweimal in den letzten Jahren hatte das Mitte-links-Lager zu Urwahlen gegriffen, mit jeweils spektakulären Mobilisierungserfolgen. Im Herbst 2005 wurde Romano Prodi von etwa vier Millionen Abstimmenden zum Spitzenkandidaten gegen Berlusconi in den Parlamentswahlen 2006 berufen. Im Oktober 2007 fanden drei Millionen Bürger an die Urnen, um Walter Veltroni als ersten Vorsitzenden der gerade entstandenen Demokratischen Partei auf den Schild zu heben. Damals hieß es, die so Gewählten verfügten dank der grandiosen Beteiligung über eine "überzeugende Legitimation". Das nützte jedoch weder Prodi noch Veltroni. Prodi scheiterte in nur 18 Monaten als Ministerpräsident an einer völlig zerstrittenen Koalition. Auch Veltroni war schnell mit seinem Latein am Ende, nachdem er im April 2008 für die Demokraten zwar gut 33 Prozent einfahren konnte, aber gegen Berlusconi dennoch verlor.
In der aus der Fusion der Linksdemokraten mit der Mitte-Partei Margherita entstandenen Demokratischen Partei standen sich nämlich nicht bloß frühere Christdemokraten und Exkommunisten gegenüber - auch zwischen den Exkommunisten verliefen und verlaufen tiefe Gräben. Veltroni stand für das US-Modell, das auf eine klassische Mitgliederstruktur verzichtete und stattdessen die breite Anhängerschaft per Urwahlen am Parteileben teilhaben lassen wollte. Sein Stellvertreter damals hieß Dario Franceschini - der jetzt in dieser Kontinuität weitermachen möchte. Als "europäischer Sozialdemokrat" präsentiert sich dagegen Bersani; er will der Partei eine solide Organisation verpassen und sie wieder als Vertreterin von Arbeitnehmerinteressen positionieren.
Bersani werden die besseren Chancen eingeräumt. In einer ersten Abstimmungsrunde im September, die für die Parteimitglieder reserviert war, erhielt er im September 56 Prozent; Franceschini musste sich mit 36 Prozent bescheiden, auch wenn frühere Linksdemokraten wie Veltroni oder Piero Fassino, der letzte Vorsitzende der Linksdemokraten vor der Fusion 2007, ihn jetzt unterstützen. Dennoch ist ein Überraschungssieg Franceschinis möglich, da zwei bis drei Millionen Parteianhänger an der Urwahl teilnehmen und das Resultat der Mitgliederbefragung auf den Kopf stellen könnten.
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