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Italien fordert von der Türkei FreilassungJournalist im Hungerstreik

Aus Protest gegen seine Haftbedingungen rührt Gabriele Del Grande kein Essen mehr an. Für Recherchen war er gerade in der Südosttürkei unterwegs.

Gabriele del Grande im Jahr 2010, als ihm der Menschenrechtspreis von Pro Asyl verliehen wurde Foto: imago/Gustavo Alabiso

Seit zehn Tagen ist der italienische Journalist Gabriele Del Grande in der Türkei in Haft, ohne Anklage, ohne rechtlichen Beistand, ohne Betreuung durch italienische Konsularbeamte, ohne Kontakt zur Außenwelt. Del Grande erklärte am Dienstag im ersten und bisher einzigen Telefonat mit seiner Lebensgefährtin, er werde in den Hungerstreik treten, um gegen die menschenrechtswidrige Behandlung zu protestieren.

Der 34-jährige Journalist war im türkisch-syrischen Grenzgebiet unterwegs, um syrische Flüchtlinge für sein Buchprojekt über den Bürgerkrieg in Syrien und die Entstehung des „Islamischen Staats“ zu interviewen, als er am 10. April festgenommen wurde. Del Grande berichtete am Dienstag, er werde in der Abschiebehaftanstalt von Mugla festgehalten; er befinde sich in Isolationshaft, da er versucht habe, einige Mitgefangene zu interviewen.

„Mir geht es gut, mir wurde kein Haar gekrümmt“, berichtete er, „doch mein Handy sowie alle meine Habseligkeiten wurden beschlagnahmt, obwohl mir bisher kein einziges Verbrechen vorgeworfen wird.“ Deshalb wolle er am Dienstagabend den Hungerstreik beginnen: „Ich bitte alle, sich dafür einzusetzen, dass meine Rechte respektiert werden.“ Italienische Freunde schufen den Hashtag #iostocongabriele und mobilisieren auch auf der Facebook-Seite „Io sto con la sposa“ für ihn.

Del Grande, der nach einem Orientalistikstudium als Freelancer arbeitete, berichtet seit über zehn Jahren aus Krisen- und Kriegsgebieten erst Afrikas, dann des Nahen Ostens. Sein erstes großes Thema waren die Fluchtbewegungen aus Afrika nach Europa. Im Jahr 2006 schuf er die Website fortresseurope.­blogspot.it, die den Blick auf die Tausenden im Mittelmeer ertrunkenen Menschen richtete, lange bevor ihr Schicksal eine breitere Öffentlichkeit interessierte.

Mir wird bisher kein einziges Verbrechen vorgeworfen

Er selbst begab sich immer wieder nach Libyen und in die Herkunftsstaaten der Flüchtlinge, um ihre dramatische Situation zu schildern, und er berichtete aus eigener Anschauung zum Beispiel über die menschenunwürdigen Haftbedingungen in den libyschen Lagern – zu einer Zeit, als Italien und die EU mit dem Gaddafi-Regime bei der Flüchtlingsabwehr eng kooperierten. Neben vielen Artikeln verfasste er auch diverse, teils auf Deutsch übersetzte Bücher wie „Mamadous Fahrt in den Tod“ oder „Das Meer zwischen uns“.

„Verhaftung hat mit Inhalt meiner Arbeit zusammen“

Zum zweiten großen Thema Del Grandes wurde ab 2011 Syrien. Monatelang hielt er sich in den ersten Kriegsjahren im umkämpften Aleppo auf und schrieb zahlreiche Reportagen über die Rebellen, über die in ihren Reihen erstarkenden Islamisten, über die Not der Menschen, Reportagen, die auch in der taz erschienen.

Im Jahr 2013 schließlich drehte er als Koregisseur das Doku-Drama „Io sto con la sposa“ („An der Seite der Braut“. Der per Crowdfunding finanzierte Film ist eine von seinen Machern verwirklichte Schleuseraktion. Die Crew ging mit fünf syrischen Flüchtlingen auf die – illegale – Reise von Italien über Frankreich, Deutschland und Dänemark nach Schweden; getarnt hatte sich das Grüppchen als Hochzeitsgesellschaft mit einer ganz in Weiß gewandeten Braut. Auf den Filmfestspielen von Venedig wurde das in 53 Ländern gezeigte Werk 2014 mit dem Sonderpreis der Jury ausgezeichnet.

Im vergangenen Jahr schob Del Grande sein neuestes Projekt an, das Buch über den Bürgerkrieg in Syrien und die Entstehung des „Islamischen Staats“. Erneut hatte der Autor keinen externen Finanzier, keinen Verlag, keine Auftraggeber, erneut griff er deshalb zum Crowdfunding, um seine Arbeit und die Recherchereisen zu finanzieren. „Un partigiano mi disse“ („Ein Partisan sagte mir“), so der Titel des geplanten Buchs, soll „die epische Geschichte der einfachen Leute mit den Mysterien von 20 Jahren schmutziger Kriege verweben“, so Del Grande.

Um mit Flüchtlingen zu sprechen, war er in die Südosttürkei aufgebrochen. „Meine Verhaftung hängt mit dem Inhalt meiner Arbeit zusammen“, erklärte er in seinem Telefonat vom Dienstag, „ich wurde immer wieder verhört.“ Scharf geht Gabrieles Vater Massimo mit den italienischen Behörden ins Gericht: „Wozu dient eine Botschaft, wenn sie nicht in der Lage ist herauszufinden, wie die Dinge stehen?“ Italiens Regierung verlangt von der Türkei jetzt die umgehende Freilassung Del Grandes.

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