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Italien erlaubt Auslieferung

Ein mutmaßlicher Drahtzieher des Nord-Stream-Anschlags soll nach Deutschland

Im juristischen Streit um die Auslieferung eines mutmaßlichen Nord-Stream-Saboteurs an Deutschland hat ein italienisches Gericht grünes Licht gegeben. Dies teilte der Anwalt des beschuldigten Ukrainers mit. Der Fall wird jedoch voraussichtlich abermals vor Italiens oberstem Gericht landen. Rechtsanwalt Nicola Canestrini kündigte nach der Entscheidung des Gerichts in Bologna an, Revision vor dem Kassationsgerichtshof in Rom einzulegen.

Serhij K. gilt als einer der Drahtzieher der Anschläge auf die Gasleitungen aus Russland im September 2022. Die Bundesanwaltschaft wirft dem 49-Jährigen gemeinschaftliches Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion an dem früheren deutsch-russischen Prestigeprojekt und verfassungsfeindliche Sabotage vor. Deshalb soll er in Deutschland vor Gericht gestellt werden. Dafür beantragte die Bundesanwaltschaft die Auslieferung.

K. war im Sommer auf Grundlage eines europäischen Haftbefehls an der italienischen Adriaküste festgenommen worden, wo er mit seiner Frau und seinen Kindern Urlaub machte. Offenbar rechnete er nicht damit, dass ihm sein Aufenthalt in Italien zum Verhängnis werden könnte. Seit seiner Festnahme sitzt der Ukrainer in einem Hochsicherheitsgefängnis. K. bestreitet alle Vorwürfe. Er behauptet, in der Zeit der Anschläge in der Ukraine gewesen zu sein. Ursprünglich hatte das Gericht in Bologna die Auslieferung bereits im September erlaubt. Der Anwalt des Ukrainers brachte den Fall jedoch auch damals vor Italiens oberstes Gericht. Dieses stoppte Mitte Oktober die Auslieferung überraschend wegen Verfahrensmängeln und gab den Fall zurück nach Bologna. In neuer Konstellation sollte das Gericht erneut entscheiden.

Nach der jüngsten Entscheidung des Gerichts in Bologna geht der Anwalt von K. davon aus, dass die erneute Verhandlung vor dem Kassationsgerichtshof in Rom innerhalb eines Monats stattfinden wird. Er spricht von „schwerwiegenden Verfahrensverstößen“. Dadurch würden die „Rechtmäßigkeit und Einhaltung der Grundsätze eines fairen Verfahrens“ verletzt, erklärte Canestrini in einer Mitteilung.

Nach Überzeugung der deutschen Ermittler soll K. ein Team von insgesamt sieben Verdächtigen geleitet haben, darunter vier Taucher. Für die Anschläge sollen sie in Deutschland eine Segeljacht namens „Andromeda“ angemietet haben, mit der sie dann hinaus auf die Ostsee gefahren sein sollen. (dpa)

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