Israels Siedlungspläne: Siedlung Gilo soll größer werden
Regierungschef Netanjahu gibt neue Pläne zum Ausbau der Siedlung Gilo bekannt. Aus Washington kommt harsche Kritik. Der Siedlungsbau torpediert Verhandlungen.
JERUSALEM taz | Kaum landet Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zurück aus New York wieder in Jerusalem, wird auch schon der Neubau von 1.100 Wohneinheiten für Juden in Ostjerusalem bekannt gegeben. Standort ist die Siedlung Gilo, die auf halber Strecke nach Bethlehem liegt. Geplant sind kleinere Wohnungen vor allem für junge Paare, öffentliche Gebäude, eine Promenade für Ausflügler und Einkaufszentren.
Die US-Administration reagierte unwirsch. "Wir lehnen Maßnahmen, die das Vertrauen verletzen können, ab", zürnte Außenministerin Hillary Clinton. Vor allem in Jerusalem sollten "Schritte, die als Provokation aufgefasst werden könnten, vermieden werden", fügte sie hinzu.
Der neue Bauplan, der in zwei Monaten vom Jerusalemer Rathaus noch endgültig abgesegnet werden muss, wurde zu einem Zeitpunkt bekannt gegeben, zu dem westliche Bemühungen, Israel und die Palästinenser wieder an den Verhandlungstisch zu bringen, auf Hochtouren laufen.
Federführend bei den jüngsten diplomatischen Anstrengungen ist das Nahostquartett, bestehend aus EU, USA, UNO und Russland. Die EU-Außenbeauftragte Cathrine Ashton appellierte an beide Seiten, innerhalb eines Monats die Gespräche wiederaufzunehmen, um innerhalb von drei Monaten Vorschläge für den Grenzverlauf und Sicherheitsregelungen zu präsentieren.
Sobald klar ist, welche Gebiete langfristig unter israelische Souveränität fallen, kann dort der Siedlungsbau fortgesetzt werden. Das Nahostquartett zielt auf Ende kommenden Jahres als Termin für eine Einigung über eine endgültige Lösung ab.
Neuen Dialog gefordert
Westliche Diplomaten drängen auf eine Wiederaufnahme des Friedensprozesses, noch bevor der UN-Sicherheitsrat über den PLO-Antrag auf staatliche Anerkennung und volle UN-Mitgliedschaft entscheidet. Ein erneuter Dialog könnte die Reaktionen im Westjordanland abfedern, wenn der Antrag erwartungsgemäß abgelehnt wird.
Noch ist sich die Jerusalemer Regierungskoalition uneins über die Quartett-Initiative, obschon die Minister bis in die Morgenstunden des Mittwochs darüber debattierten, bevor sie sich in ein verlängertes Wochenende verabschiedeten.
Auf palästinensischer Seite besteht unverändert die Bedingung eines Baustopps in den Siedlungen. "Der israelische Ministerpräsident behauptet, er habe keine Vorbedingung", so kommentierte Netanjahus palästinensischer Amtskollege Salam Fajad, "dabei stellt er mit dieser Entscheidung (über den Neubau) selbst ganz konkrete Bedingungen." Die Sorge der Palästinenser ist, dass Israel mit neuen Verhandlungen nur Zeit gewinnen will, um das Siedlungsprojekt voranzutreiben.
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